12.01.2001 | 50. Landfrauentag

EHINGEN / RISSTISSEN (vf) – Im Januar werden es 50 Jahre sein, dass erstmals in Ehingen die Landfrauen des katholischen Dekanats Ehingen hier zu Gebet, Besinnung und ein bisschen Aufschnaufen zusammenkamen. Dieses Jubiläum wird am 9. Januar mit einem Besuch des Bischofs gefeiert.

Die Vorsitzende der Landfrauen auf Diözesanebene, die 65-jährige Maria Braig aus Rißtissen, hat im Archiv der Ehinger SZ schon zu Jahresbeginn nachgesehen und dabei festgestellt, dass die erste solche Veranstaltung hier im Januar 1952 stattfand. In anderen Orte der Diözese war es wohl ähnlich: Das 50er-Jubiläum feierte im Januar 2001 Bad Waldsee, im nächsten Januar ist es neben Ehingen auch der Dekanatssitz Saulgau. Wegen des Jubiläums hat M. Braig Bischof Dr. Fürst gebeten, nach Ehingen zu kommen. Der entspricht der Bitte; er wird am 9. Januar um 9 Uhr einen Gottesdienst in der Stadtpfarrkirche leiten und um 10.30 Uhr in der Lindenhalle über das Thema “Bioethik – Verantwortung, Menschenwürde, christlicher Glaube” sprechen und mit den Frauen diskutieren. – Um 14 Uhr befasst sich Pastoralreferentin Barbara Janz-Spaeth aus Göppingen ebenfalls mit einem ethischen Problem. – M. Braig schätzt, dass sie Mitte der 70er Jahre erstmals zu einem solchen Landfrauentag nach Ehingen kam; kurz zuvor war ein katholischer Frauenbund in Rißtissen gegründet worden.Die Heimatzeitung fragt: War jemand bei der ersten solchen Veranstaltung oder einer der ersten in Ehingen dabei, erinnert sich noch ein wenig und erzählt uns davon?

09.01.2001 | Unerwartete Begegnung mit Jakob Locher

(vf) – Man freut sich, wenn man jemand an einem Ort trifft, an dem man ihn nicht erwartet hat. So erging es gerade dem Zeitungsmacher vf mit dem Ehinger Schriftsteller Jakob Locher, der um die Wende des 16. Jahrhunderts unter anderem Schauspieltexte verfasste. Gemeinhin ist dieser Mann tot, töter geht’s nicht. Und wo wird er nun erwähnt und – beinah – gewürdigt? – In einem neuen Kultbuch für Bücher-Narren, in Albert Manguels „Eine Geschichte des Lesens”, 1996 erstmals erschienen in Kanada, seit zwei Jahren auf Deutsch erhältlich, seit Dezember auch als Taschenbuch (bei Rowohlt).

Der Name „Jakob Locher“ taucht auf im Kapitel „Büchernarr”, im Zusammenhang mit Hinweisen auf die ausgewalzte Moral-Epistel „Das Narrenschiff” von Sebastian Brant, die Locher bekanntlich ins Lateinische übersetzte und der er damit den europäischen Buchmarkt öffnete.

Weil Manguel seinen Hinweis auf Locher aus einer französisch verfassten elsässischen Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts bezog, erhält unser Landsmann den unerwarteten Vornamen Jacques statt Jakob oder, latinisiert, Jacobus. Hinweise jüngeren Datums auf Locher und einen weiteren gebildeten und produktiven Ehinger finden sich auch im Begleitbuch zur großen Rottenburger / Freiburger Vorderösterreich-Ausstellung von 1999. Hier wird im Zusammenhang mit der „vorderösterreichischen Universität Freiburg” neben Locher auch ein anderer Ehinger erwähnt, Kaspar Ruf, der im 18. Jahrhundert Ideen der katholischen Aufklärung vertrat und den die Ehinger SZ vor Jahren in einem größeren Beitrag würdigte.

04.01.2001 | Unbekannter schmückt Gräber russischer Kriegsgefangener und schreibt Verse

EHINGEN (bur) – Ein Unbekannter schmückte in den letzten Tagen auf dem Ehinger Friedhof das Gräberfeld, in dem verstorbene russische Soldaten des Zweiten Weltkriegs bestattet sind, mit bunten Sternen und Holzkreuzchen, an denen Tannenzapfen angeklebt sind. Dem eigenwilligen Schmuck war ein gereimter Bericht über einen Toten-Transport beigefügt; man kann annehmen, dass der Verfasser als junger Soldat in Ehingen das Hinaustransportieren eines russischen Kriegsgefangenen auf den Friedhof und das Verscharren miterlebte. Wir geben das „Gedicht” in Auszügen wieder:

„Seit 1942 ruhst Du hier, mein lehmig-brauner Kamerad!
Du wurdest aus dem Osten zu uns geschickt, als junger Soldat.
Im gleichen Jahr marschierte ich als Feldgrauer auf Deinem Pfad,
nur in umgekehrter Richtung, wie das Gesetz es befahl.

Wir sind uns in. Deinem kurzen Leben nie begegnet,
unbekannt geblieben und nie miteinander geredet,
jeder war der Meinung, er habe seine Pflicht getan,
keiner durchblickte, was geschah durch Größenwahn!

Nur, Deinen Leichenzug hab’ ich durch Zufall gesehen,
als wir, mein Freund und ich, kamen vom Spazierengehen!
Abends trat aus Eurem Lager durch ein unbenutztes Tor
still und heimlich ein ganz kleiner Trupp hervor.

Um das heikle Geschehen fertig zu bringen,
sollte es möglichst ohne Zuschauer gelingen!
Die Spitze bildete ein unauffälliger Mann,
dem war die Örtlichkeit wohl gut bekannt.

Er vergewisserte sich mit Aug’ und Ohr,
dass keiner von ihnen die Fassung verlor!
Es folgte ein Karren, von Russen geschoben,
beide erschüttert, die Köpfe geneigt zu Boden!

Dem Ganzen schritt ein feldgrauer Wachmann hinterher,
lässig geschultert trug er ein Infanteriegewehr!
Bei „Miehles” ging der Trupp auf die Durchgangsstraße,
es herrschte kein Verkehr, Glück in hohem Maße!

Nach der Kreuzung war der Führer zufrieden sehr,
der ganze Weg war praktisch menschenleer!
Der toten Friedhofsmauer entlang ging’s bis zu ihrem Ende,
dann machten sie Halt und nach rechts eine Wende,
jetzt kam der unvergessene Augenblick,
als wir erreichten das gleiche Wegestück.

Sichtbar war das Erschrecken auf der anderen Seite:
„Das darf nicht wahr sein, am Ende noch eine Pleite!”
Inzwischen haben wir, mein Freund und ich, die Lage erkannt,
dass es etwas so Schreckliches gab, war uns nicht bekannt!
Auf der Straße zu gehen, war für jedermann frei,
eng war sie, und man kam ohne Halt nicht vorbei.
Uns hat es die Sprache verschlagen,
dem Anführer gelang es wenigstens,
den Abendgruß zu sagen!

Kein Sarg, ein verschnürtes Bündel, ganz unbedeckt
war es auf der Pritsche des Karrens hingelegt.
Eingewickelt wie Lazarus auf dem bekannten Bibel-Bild,
aber nicht mit feinem Leinen und kostbaren Spezereien umhüllt,
sondern mit Packpapierbahnen laufend umgeben nur
und verknotet mit billiger, gelber Sisalschnur.
In diesem Gebinde kann kein normaler Mensch sein,
das kann höchstens ein Rest sein von Haut und Gebein!
Eine solche Quittung in Deinen jungen Jahren
kann nur der Hungermörder ausgestellt haben.
Nach Entlassung aus meiner Gefangenschaft
fand ich Eure „Friedhofsgemeinde” sehr vergrößert,
aber gepflegt, nicht behandelt wie Feinde.
Die Markierungssteine sind geordnet, nicht wie damals anonym,
und die Namen fein säuberlich auf dem Obelisk eingraviert.
Eingegrenzt sind auch die damals offenen Räume,
blühende Hecken umgeben sie als lebende Zäune!
Daheim in Deiner Mutters Nähe würdest Du mit Blumen bedacht,
ich habe mich an ihrer Stelle bemüht um wenigstens ein bisschen Ersatz.

Mein Wunsch gilt nicht nur Dir vor allem,
sondern auch Deinen Kameraden und Brüdern gar allen.
Unser Herrgott gebe, uns seinen Segen,
damit wir unsere Freundschaft pflegen
und friedlich in aller Welt in Liebe zusammenleben.

Bild: Bunte Sterne und aus dünnen Ästen gebastelte Holzkreuzchen, an denen Tannenzapfen angeklebt wurden: So schmückte der Unbekannte die Gräber russischer Kriegsgefangener auf dem Ehinger Friedhof (Foto: bur)

Des Weiteren schildert der Unbekannte, wie es ihm selbst in der Kriegsgefangenschaft erging. Auch er litt Hunger. Der Unbekannte gibt seiner pazifistischen Gesinnung Ausdruck und prangert die Kriegsführer wegen ihrer Unmenschlichkeit an. Die Ehinger SZ berichtete vor Jahren über das Kriegsgefangenen Lazarett im ehemaligen Konvikt. Zahlreiche Insassen starben an Unterernährung. Die russischen Kriegsgefangenen wurden weit schlechter behandelt als die Gefangenen aus anderen Ländern. Die Toten wurden auf einem Gräberfeld des Friedhofs bestattet.

03.01.2001 | Schmiechener Narren empört über Schultes

SCHMIECHEN / SCHELKLINGEN (vf) – Schmiechener Schalmeienbläser und Narren sind verärgert. Schon im Frühjahr letzten Jahres hatten sie sich darum bemüht, dass die Narrengäste von weitum vor dem großen Narrensprung am 11. Februar in Schmiechen die Nacht durchfeiern dürfen. Nun hat der Schelklinger Schultes im November seine Zusage zurückgenommen. Gefeiert werden darf nun nur bis nachts 3 Uhr, dann soll Schluss sein. – Nachdem ein Vorstoß von Ortschaftsrat und Schalmeien-Chef im Schelklinger Rathaus nichts hatten, machen die Umzugsplaner ihren Ärger jetzt öffentlich.

Norbert Reiber betont im Gespräch mit der Ehinger SZ-Redaktion, dass am Auftakt des zweitägigen Narrenfestes ein von Pfarrer Stoll, Schelklingen, geleiteter Narrengottesdienst steht. Er bringt auch vor, dass die Schmiechener Bürger – wenn überhaupt – mehr Lärm von der Narrennacht mitkriegen, wenn die Narren ihren Brauchtumsabend nachts um 3 Uhr beenden müssen, statt überhaupt nicht.

Gegen die Befürchtung von Bürgermeister Knapp, Sonntagsgottesdienstbesucher könnten sich durch nach der langen Freinacht heimkehrende Narren belästigt fühlen, führt Schalmeien-Vorsitzender Reiber an, dass am Sonntagmorgen in Schmiechen gar kein Gottesdienst stattfindet. Reiber führt auch an, dass in Dornstadt jedes Jahr e°i°n°e fastnächtliche Freinacht von der Gemeindeverwaltung genehmigt wird – „ohne Nachteile für andere Bürger“.

Reiber verweist auch darauf, dass die Aufgaben der Schmiechener Ortspolizei laut Eingemeindungsvertrag bei der Schmiechener Ortsverwaltung bleiben und dass sich der Ortschaftsrat für den Wunsch der Schmiechener Narren nach einer Freinacht aussprach.

 Die Schmiechener Narren fühlen sich geradezu gemobbt, weil sie erfahren haben, dass die Stadt Schelklingen sogar die Haftpflichtversicherung für den Hemdglonker-Umzug in Schelklingen übernimmt, sinngemäß: dass die Stadtverwaltung die  Narretei in der Kernstadt fördert und die in Schmiechen benachteiligt. „

Mir der Vorbereitung des Narrentreffens der Alb-Donau-Region haben sich die „Burrenhexen“ „unter Vorstand Karlheinz Mannhart und die Schalmeienbläser viel Mühe gemacht; die Freinacht wäre nach Narrenmesse, Brauchtumsabend und Narrensprung am 11. Februar das i-Dipfele ihres Fests. An ihrem Umzug erwarten die Veranstalter 98 Gruppen mit insgesamt viertausend Hasträgern.

Das Zelt für den Brauchtumsabend und für die Bewirtung der Narren, soweit diese nicht die örtlichen Gasthäuser besuchen wollen oder von fliegenden Händlern bedient werden, wird an der Fabrikstraße aufgebaut, im Süden der Gemeinde. Ursprünglich hatte man an einen Standort auf dem traditionellen Festgelände gedacht, Richtung Schmiechener See. Aber dann müssten Narren in größerer Zahl die Bundesstraße und die Eisenbahn-Gleise überqueren, und diese Gefahrenquelle wollte man umgehen. Die Ehinger SZ hat dem Bürgermeister von Schelklingen die Gelegenheit zur Stellungnahme angeboten. BM Knapp stellte uns den Brief zur Verfügung, den er im November an den Vorsitzenden der Schalmeiengruppe richtete, er schreibt darin unter anderem: „Bei unserem Gespräch im Frühjahr habe ich Ihnen zugesagt, dass ich Ihrem Anliegen, in der Nacht vom 10. auf 11. 2. 2001 eine Freinacht zu genehmigen, wohlwollend gegenüberstehe. In der Zwischenzeit habe ich mich bei einigen Gemeinden in unserem Landkreis erkundigt, welche Erfahrungen diesbezüglich in der Vergangenheit gemacht worden sind. Diese Erkundigungen haben ergeben, dass die meisten Gemeinden und Städte es für ausreichend ansehen, bei derartigen Veranstaltungen eine Sperrzeitverkürzung vorzunehmen. Da bei solchen Veranstaltungen der Alkoholkonsum erfahrungsgemäß nicht gerade niedrig ist, befürchte ich, dass bei einer Freinacht für die Bevölkerung, die sich dem fastnächtlichen Treiben nicht anschließt, nicht unerhebliche Beeinträchtigungen entstehen. Deswegen bin ich der Auffassung, dass es ein großes Entgegenkommen der Stadt darstellt, wenn bis 3.00 Uhr morgens eine Sperrzeitverkürzung erfolgt.“

31.12.2000 | Unser Land ist reich – und es hat auch Kehrseiten

(vf) Die Ehinger Heimatzeitung schließt mit der heutigen vierten Folge ihren Rückblick auf Ereignisse des Jahres 2000 im Raum Ehingen – Munderkingen – Schelklingen – Allmendingen ab.

Kultur. Bildung, Politik international:

Junge Ehinger Musiker fliegen nach Shanghai und konzertieren dort. Vermittler: ein aus Shanghai stammender Geigenlehrer.

Der SPD Bundestagsabgeordnete unseres Raumes Prof. Dr. Jürgen Meyer spricht in China vor Studenten über Grundrechte.

Mehrere junge Leute aus dem Raum Ehingen besuchen ein Jahr lang Schulen in den USA.

Die bisher höchste Ozonbelastung der Atmosphäre im Raum Ehingen

 wird Anfang Mai gemessen. Nicht nur Benzinmotoren in Autos und Lkws verursachen das Ozonloch, sondern auch die in Rasenmähern.

Der wohl größte Festzug des Jahres im Raum Ehingen zieht durch Rottenacker. Anlass: ein Jubiläum des Musikvoreins. Ein „wilder“ Festzug: im Juni schippern junge Leute bei Munderkingen auf zahlreichen Flößen und Booten die Donau hinab

Die Emerkinger Musiker« organisieren eine Rundfahrt von Oldtimern.

Der einstige Bahnhof Untermarchtal ist renoviert und zu einem Info-Zentrum für Radfahrer auf dem Donauradwanderweg umgebaut.

Entschädigung von Zwangsarbeitern des Dritten Reichs,

Nicht alle über 75-jährigen Firmen im Raum Ehingen machen mit, einige Firmen aber, die damals noch gar nicht bestanden, machen mit und spenden in die Entschädigungskasse.

Ein 60-Millionen-Mark-Auftrag ergeht im Mai aus Paris an Liebherr Ehingen.

Ein neuer Narrenverein in Rottenacker wählt als „historische Grundlage“ den Einsturz einer Donaubrücke vor 250 Jahren und als Folge zahlreiche Toten durch Ertrinken. Einige Zeitgenossen und sogar der Schultes finden einen solchen Anlass schrecklich geschmacklos. Die SZ kommentiert: Auch andere Fasnetsgruppen greifen schreckliche historische Tatbestände auf und müssen dann ebenfalls für fatal geschmacklos gehalten werden.

Verkehrsstopp. Jahrzehntelang bestand eine von Waldsee ausgehende und durch den Raum Ehingen führende Buslinie „Lindau Tübingen“, jetzt wird sie eingestellt.

Die „Produktion- von 35 Tonnen Kohlendioxid infolge Energieverschleiß soll durch ein neues „Lichtmanagementsystem“ in einer Sporthalle in Ehingen verhütet werden.

Die alte Emerkinger Molke steht schon lange leer; die Milch wird wie überall täglich vom Milchwerk per Lkw abgeholt. Die Gemeinde gibt jetzt eine ganze Menge Geld aus, um hier die Eröffnung eines dörflichen Lebensmittelladens zu ermöglichen. Früher wäre eine solche Investition undenkbar gewesen.

Anlieger wollen ein betreutes Wohnhaus für psychisch Kranke in Ehingen per Verwaltungsgerichtsurteil verhindern. Die Richter aus Sigmaringen tagen im Ehinger Rathaus. Die Anlieger unterliegen. Am Jahresende ist das strittige  Haus schon seit Monaten bezogen. Die befürchteten Untaten von Bewohnern sind bisher nicht verübt geworden.

Ein 1,7 Kilometer langer Bach bei Mühlen wird renaturiert: Betonschalen raus und Platz für Bachschlingen. – Eine ganze Reihe Bäche, die in den zwei, drei Jahrzehnten nach Kriegsende begradigt wurden und  betonierte Betten erhielten, werden jetzt wieder aus ihren „Korsetten“ geholt, unter anderem auch bei Oberstadion. Für die Ent-Naturierung und die ReNaturieruno wurden Steuergelder ausgegeben.

Ein katholischer Geistlicher aus Afrika wird neuer Rupertshofener Pfarrer.

Für die Erforschung des tropischen Regenwaldes von oben her entwickelt und baut die Ehinger Firma Glocker metallene Türme, die durch Drahtseilbahnen verbunden werden Vorübergehend sind die Türme im Ulmer Botanischen Garten aufgestellt.

Drei junge Leute aus dem Raum Ehingen verunglücken „im Winter bei der Rückfahrt von einem Disco-Besuch im Unterland. Zwei sterben gleich, ein drittes Opfer im Juni.

Der Bau dreier weiterer Windkraftanlagen bei Ingstetten wird im Juni geplant, jetzt, zum Jahresende, sind sie in Betrieb.

Konkursverfahren bei einer Schelklinger Bauunternehmung.

Neues Kulturzentrum. Das vor sich hin gammelnde alte Altersheim der Stadt Ehingen wird mit einem Millionenaufwand renoviert und modernisiert. Jetzt, im Sommer 2000, ist Eröffnung mit viel Musik. Per Liebherr-Autokran werden fünf Musiker übers Dach in den Innenhof gehoben. Eine Uraufführung gehört zum Programm.

Spitzenmusiker sind beim Ehinger Musiksommer im (ex-)“Franziskanerkloster“ zu hören. Ein neuer Theater- und Konzertsaal ist entstanden. Bilder eines aus Ehingen stammenden Berliner Malers werden in den Fluren zugänglich gemacht. Das Stadtarchiv erhält Platz und kann sich  Besucher-freundlich geben. Im Freigelände wird von Künstler Ludwig Lüngen ein Bronce-Brunnen gestaltet; er zeigt den Heiligen Franziskus; schließlich war das alte Altersheim zuvor einst Franziskaner-Kloster. Der Brunnen wird weitgehend durch Spenden finanziert.

Beim Untermarchtaler Jugendtag wird ein neukomponiertes Musical uraufgeführt.

Postkutsche aus dem Harz in Oberdischingen.

Ein Bauernsohn aus Ehingen, Erhard Mantz, baute in Jahrzehnten ein Transport-Unternehmen in Herzberg/Harz auf. Als Ruheständler renoviert er mit anderen Senioren eine Postkutsche. Per Tieflader lässt er sie samt Pferden nach Oberdischingen transportieren, um ein Gasthaus-Jubiläum aufzupeppen. Solche Transporte ebenso wie die in diesem Rückblick erwähnte Hochzeit in Sri Lanka und ganzjährige Schulbesuche in den USA sind ein Zeichen für den unvergleichlichen Anstieg des vergleichsweise breit gestreuten Wohlstands in den letzten Jahrzehnten in Deutschland ein Phänomen, das es in dieser Art in der deutschen Geschichte bisher nicht gab.

Der Zwiefaltendorfer Donaubrücken-Neubau wird durch die Aufstellung einer Christophorus-Statue des Ertinger Künstlers Jeggle akzentuiert.

Das Leben der Libellen in Alaska und am Schmiechener See wird von einem angehenden Schelklinger Biologen untersucht.

Die SZ kann eine Serie unter dem Motto „Selbstständige Ausländer im Raum Ehingen“ initiieren. Auftakttext: zwei türkische Brüder, die in Schelklingen einen Stukkateurbetrieb aufgebaut haben.

Public Relation. Ein slowenischer Schwimmer will die ganze Donau vom Ursprung bis zur Mündung hinabschwimmen, natürlich mit Unterbrechungen. Er kommt auch durch den Raum Ehingen.

Tierart-Rettung. Ehinger Fischer setzen mit hohem Geldaufwand 80.000 „Nasen“ in die Donau ein, um eine vom Aussterben bedrohte Tierart zu retten. Das einstige Altersheim der Stadt feierte im zu Ende gehenden Jahr fröhliche Urstände, als „Ehinger Kulturzentrum“. Und sogar ein Brunnen wurde wieder errichtet, diesmal mit einer Figur, den Heiligen Franziskus darstellend, der an den im Gebäude einst tätigen Franziskanerorden erinnern soll.

Bild: Die hier wiedergegebene Zeichnung stammt vom gleichen Künstler, der auch die Brunnenfigur entwarf, von Ludwig Lüngen. Den Auftrag zur Zeichnung gab die Ehinger Volksbank.

16.12.2000 | Ein Buch der regionalen Kulturgeschichte – jetzt wieder verfügbar

EHINGEN / WEISSENHORN (vf) – Im Weißenhorner Anton-H.-Konrad-Verlag ist, wie an dieser Stelle notiert, der Nachdruck einer Reihe Liedertexte erschienen, die vor fast vierhundert Jahren von dem aus Ehingen stammenden Schriftsteller Jacob Bidermann zusammengetragen worden sind. – Am Donnerstagabend wurde die Neuherausgabe gefeiert – als Versuch, für eine ungewöhnliche verlegerische Tat ein wenig Publicity, Publizität, zu gewinnen. – Verleger A. H. Konrad überreichte das „erste Exemplar“ der Neuerscheinung einem Förderer dieser Ausgabe, dem Landrat des Alb-Donau-Kreises. Wolfgang Schürle hat seinen Doktorhut mit einer Arbeit im Schnittbereich von Geschichte, Recht und Wirtschaftswissenschaft erworben und unterstützt seit vielen Jahren die Buch-fundierte Befassung mit heimischer Geschichte.

Mit der Neuherausgabe der Liedtext-Sammlung „Himmelglöcklein“ wurde nun eines der zahlreichen Werke Bidermans wieder zugänglich gemacht. Zwar gilt Schwer-Zugänglichkeit von den meisten Bidermann-Texten, aber in verschiedenem Ausmaß; an einen Nachdruck des berühmtesten Dramas von Bidermann, „Cenodoxus“, kommt man leichter dran; von den „Himmelgöcklein“ existieren weltweit nur wenige Exemplare. Ebenso schwer zugänglich
sind Bidermanns lyrische und epistolographische (briefstellerische)  Werke, und um eine genaue Auflistung aller Werke zu erhalten, musste man lange Zeit – oder muss es wohl immer noch – Speziallexika der Literaturgeschichte des Jesuitenordens zu Hilfe nehmen. Nun gibt es also 500 Exemplare des „Himmelglöcklein“ – nicht gerade viel. Aber die Verantwortlichen nehmen aus Erfahrung an, dass es keinen Run auf solche alten Schinken gibt, auch wenn diese jetzt von erläuternden Texten erhellt einherkommen und auch wenn man kein steinaltes Papier mehr anfassen muss, um sie zu lesen.

Anton Konrad schilderte am Donnerstagabend in der Lindenhalle den Zustand, in dem sich das einzige Exemplar der dritten Auflage befindet, das heute noch weltweit aufzutreiben ist: Es sieht ziemlich gebraucht aus.

Anton Konrad gab auch ein bisschen Reproduktions-Geschichte zum Besten. Der technische Fortschritt, im vorliegenden Fall von der ReproKamera zum Scanner, sei nicht nur von Vorteil, so Konrad: Zwar war eine solche Repro-Kamera, wie sie früher für das Reprint eines alten Buchs nötig war, ein teures und unhandliches Gerät und ist inzwischen – meist: gottseidank – von den sogenannten Scannern abgelöst, deren billige Exemplare man im Supermarkt um die Ecke für 100 Mark kriegt. Aber die Scanner, mit denen heute eine alte Buchseite abgelichtet wird, bevor die elektronische Datenmenge an die Druckmaschinen weitergereicht wird, diese Scanner arbeiten anders als Fotoapparate und: Sie arbeiten zu gut: Sie nehmen alle Schmutzspuren auf einer Buchseite mit auf und auch die Buchstaben der Rückseite, deren Druckfarbe durchs Papier durchschlug. Und so muss deshalb eine Seite nach der anderen nach dem Einlesen in den Scanner ausgiebig bearbeitet (gewissermaßen: retuschiert) werden, bis sie angenehm lesbar geworden ist.

Immerhin, wenn nun ein Run auf die 500 Exemplare einsetzt und Verleger und Alb-Donau-Kreis nicht auf einem großen Teil der Auflage sitzen bleiben, so ist ein weiterer Nachdruck jetzt, mit den heutigen elektronischen Speichermöglichkeiten, unvergleichlich leichter zu bewerkstelligen als je zuvor.

Einer, der mit der Druckfertigmachung sicher viel zu tun hatte, saß an diesem Abend still und bescheiden im Publikum: der in Oberdischingen lebende technische Mitarbeiter des Konrad-Verlags Werner Kreitmeier. – Unter den Gästen befand sich auch einer der ältesten noch lebenden Ehinger Gschtudierten, Franz Schad, Jahrgang 1907, Sohn eines einst für seine Gelehrtheit bekannten Ehinger Gymnasiallehrers und allem nach später nicht nur „der Sohn von…“, sondern selbst ein „Fässle“. Das „zweite“ Exemplar der Neuherausgabe erhielt an diesem Abend der Volksliedforscher Otto Holzapfel, Leiter des Deutschen Volksliedarchivs Freiburg; er hat einen erläuternden Beitrag zu dem neuen Buch beigesteuert. Der m i t-erläuternde hochbetagte Germanist Hans Pörnbacher war für diesen Abend  als Referent vergeben, er war bei einem Kongress in Sachsen.

Der Kirchenchor von St. Michael trug unter Leitung von Wolfgang Gentner einige der Lieder vor, deren Texte in der Neuausgabe nachzulesen sind. Der Chor erfüllte seine Aufgabe sicher und mit einer angenehmen Balance zwischen Nüchternheit und Emphase. Der Schauspieler Walter Frei las weitere Strophen texte vor, damit der Gesangsteil nicht zu lang gerate. Zu den vorgetragenen geistlichen Liedern gehörte auch – jahreszeitlich angemessen – eines über die keusche Jungfrau Maria, die; trotz höchst erwünschter Keuschheit, Reinheit… schwanger wird. Dieses Lob der Keuschheit und Reinheit sangen an diesem Abend zahlreiche Frauen, die durchweg Mütter sind, ohne deshalb auf die ehrenden Beiworte „Unberührtheit“ und „Reinheit“ Anspruch nehmen zu können, und zahlreiche Männer, die ihren Ehefrauen diese Unkeuschheit vermutlich auch mal angetan haben. Kurz: In den abgedruckten und jetzt vorgetragenen Liedtexten wird eine  traditionelle christliche Sexualmoral gefeiert, die vielen Zeitgenossen heute fern geworden ist und die es wohl auch erschwert, dass viele Zeitgenossen sich heute noch durchweg für Bidermann-Texte erwärmen. Diese Traditionen-Last religiöser Texte mag es auch verständlich machen, dass (von aller neueren Bild- und Klang-Sucht und allem neueren Analphabetentum abgesehen) wir Heutigen viel lieber Bilder aus der Barockzeit anschauen und Instrumentalmusik aus der Barockzeit anhören als barocke, religiös gestimmte Texte lesen.

Bild: Der Kirchenchor von St. Michael sang Lieder, deren Texte in der Neuherausgabe vollständig, das heißt: in voller Länge, abgedruckt sind.

Bild: Das Schmuckbild des Schutzumschlags der Neuerscheinung zeigt musizierende Engel aus einem Fresko der Wallfahrtskirche Maria Berg bei Breiten-Haslach im oberbayerischen Ruperti-Winkel. – Verleger A. Konrad nannte am Donnerstagabend beiläufig den Ursprungsort – vielleicht auch deshalb, weil das in der Neuhausgäbe zu nennen versäumt wurde. Rechts: Verleger Anton H. Konrad übergibt das „erste“ Exemplar der Neuerscheinung an einen Mann, der Spendengeld für den Nachdruck bereitstellte, den Landrat des AIb-Donau-Kreises, Dr. Wolfgang Schürle.

08.12.2000 | Liedtext-Sammlung von J. Bidermann neu aufgelegt

EHINGEN / WEISSENHORN (vf) – Mit wesentlicher Unterstützung des Alb-Donau-Kreises bringt der Weißenhorner Anton-H.-Konrad-Verlag eine Sammlung geistlicher Lieder aus dem 17. Jahrhundert neu heraus, das Liederbuch „Himmelglöcklein“. Die Neuerscheinung wird am Donnerstag, 14. Dezember, 19 Uhr, in der Lindenhalle öffentlich vorgestellt. Die Veranstaltung wird umrahmt mit vier Chorälen aus dem an diesem Abend präsentierten Band. – Walter Frei liest einiges vor.

Einige der Texte stammen von dem aus Ehingen stammenden Dichter und Theologen Jacob Bidermann selbst; der einstige Professor in Dillingen tat sich durch eine Reihe Dramen meist religiösen Inhalts hervor und beendete seine Laufbahn im Jesuitenorden als dessen Oberzensor in Rom.

Die Mehrzahl der Texte in der Neuerscheinung wurde von Bidermann nicht verfasst, sondern aus anderen Sammlungen übernommen. Zu seiner Zeit kam diese Liedtext-Sammlung gut an und erschien in wenigstens sechs Auflagen. Heute gibt es nur noch von einigen dieser Auflagen Exemplare in Universitätsbibliotheken.

Die Neuherausgabe wird von erläuternden Texten begleitet. Sie stammen von Germanistik-Professor i. R. Hans Pörnbacher, Wildsteig, und von Prof. Otto Holzapfel vom Deutschen Volksliedarchiv in Freiburg; beides sind ausgewiesene Fachleute.

In einem Geleitwort weist Landrat Dr. Wolfgang Schürle darauf hin,  dass in den letzten Jahrzehnten in Deutschland sehr viel für den Erhalt und die Pflege barocker Kunst, Architektur und Musik, aber wenig für die Pflege und Bekannthaltung barocker Dichtung getan wurde. Diesem Missstand und dem geschichtlichen Interesse an bedeutsamen Hervorbringungen aus unserem engerem Raum möchte die Neuherausgabe der Bidermann‘schen Liedertextsammlung dienen. Von Vorteil ist, dass die Neuerscheinung großteils deutsche (Original-)Texte enthält, während Bidermanns eigene Hervorbringungen meist in Latein geschrieben waren.

29.11.2000 | Prediger Beck hat sein „Vaterland Munderkingen bewacht“

Bild: Oben das Titelblatt einer berühmten Flugschrift von Martin Luther: „Wider die Mordischen und reubischen Rotten der Bawren“ von 1525. Der Bauer wird auf dem beigefügten Holzschnitt dargestellt mit einem umwickelten (also nicht kampfbereiten) Schwert, mit Eiern im Sack und einer Martinsgans unterm Arm, wie sie ein ordentlicher Bauer als Zins an den Grundeigentümer abzuliefern hatte, dazu auf einem Spruchband die Aufforderung „Hab Gott lieb!“. – Unter dem Holzschnitt wird ein Psalmvers zitiert: „Seyne Tück werden ihn selbst treffen…“ – Der Bauernkrieg 1525 wurde auch von den religiösen Auseinandersetzungen der Zeit beeinflusst. Die eigentumskritischen Bauern beriefen sich auf „Freiheiten“, die ihnen das Evangelium Christi zugestehe. Die Reformatoren waren teils so oder so obrigkeitlich orientiert oder hatten Sorge, ihr kirchenkritisches Anliegen könne mit dem der Bauern in den selben schlimmen  Topf geworfen werden. (vf)

MUNDERKINGEN (wh) Die Munderkinger verdienten sich 1525 ein Lob des obrigkeitsorientierten Chronisten, als sie einen von Truchsess Jörg von Waldburg bedrängten Bauernhaufen vor ihrem Oberen Tor stehen ließen. Später wurden die Bauern dieses Teils des Baltringer Haufens zusammen mit anderen Aufständischen erschlagen und die Leichen in die Donau geworfen. Der Munderkinger Historiker Dr. Winfried Nuber skizzierte am Sonntag den Weg, der diese Bauern über Erbach und Oberstadion nach Munderkingen geführt hatte; er sprach im Rahmen eines VHS-Vortrags auch über die Rolle, die der Munderkinger (lutherische) Prediger Paul Beck in dieser blutigen Geschichte spielte.

Im 16. Jahrhundert teilten sich mehrere Priester die Seelsorge in der Stadt. Bis 1524 waren es die Brüder Jakob und Matthias Hug. Nach dem Tod des einen wurde der Munderkinger Konrad Färber vom Rat der Stadt zum Prediger bestellt. Er gehörte zu den „Sturmtruppen der Reformation“ und wurde auf Verlangen des Stadtherrn Truchsess von Waldburg bald aus dem Amt gejagt. Sein Nachfolger, der gebürtige Munderkinger Paul Beck, hatte in Heidelberg studiert und dort, so Nuber, vermutlich Luthers Theologie kennen gelernt. Er folgte Luthers politischer Haltung, als dieser sich auf die Seite der Fürsten schlug und gegen die aufrührerischen Bauern in einer Streitschrift zu Felde zog und die Herrschenden aufforderte, die Bauern zu stechen und zu würgen.

Beck befand sich mit den anderen Munderkinger Spieß-Bürgern auf den Mauern, als die Bauern, aus Oberstadion kommend, vor dem Oberen Tor standen. Am Unteren Tor befand sich derweil im Auftrag des Truchsessen Jörg der Untermarchtaler Schlossherr Dietrich Speth, der die Bewohner des Landstädtchens aufforderte, die Bauern nicht einzulassen.

Die Bauern zogen weiter nach Marchtal und später mit den aufständischen Bauern aus der Region um den Teutschbuch (bei Riedlingen) nach Zwiefalten. Im Kloster wurden von ihnen die Urkunden und Lehensverzeichnisse vernichtet, die den Mönchen dazu gedient hatten, ihre leibeigenen Bauern auszupressen.

Dann begann das große Bauernschlachten. Die blutige Spur zieht sich über Zweifalten, Tigerfeld nach Leipheim und Bad Wurzach. Als der Bauernjörg am 17. April bei Weingarten auf den sogenannten Seehaufen traf, aufständische Bauern aus der Bodenseegegend, denen weitere Bauern aus dem Allgäu zueilten, setzte der Feldherr des Schwäbischen Bundes nicht alles auf eine kriegerische Karte, sondern schloss den Weingartener Vertrag, der den dortigen Bauern das Leben ließ und einer weiteren Verschlechterung der Lebensverhältnisse der von Adel und Klerus gleichermaßen ausgebeuteten Leibeigenen Einhalt gebot.

In Munderkingen wird der lutherische Prediger Beck aus der Stadt gedrängt. Er selbst schreibt später von einer Intrige der Pfaffen. Der neue Pfarrherr, Johannes Gudin, war angeblich gegen Beck „losgezogen“.

Beck kam über Ulm als Prediger nach Geislingen. Dort wurde er von einem Mitbruder beim „Schwäbischen Bund“, dem Polizeiorgan der Städte und Regionalfürsten, angeschwärzt, er habe in Munderkingen die Sache der Bauern unterstützt. Beck setzt sich zur Wehr. Er sei um des Wortes Gottes willen, das er gepredigt habe, von Munderkingen vertrieben worden. Mit dem Aufruhr der Bauern habe er nichts zu tun. Vielmehr habe er sich gegen den Aufruhr gewandt und als Bürger „das Vaterland Munderkingen“ bewacht. Die siegreiche Obrigkeit rechnet ab: Der Rottenacker Kaplan Hieronymus Rösch sitzt in Munderkingen ein und beteuert, er habe „stets dem Adel gedient“. Dabei war er es, der vermutlich die Rottenacker Beschwerdeschrift verfasste, in der die Rottenacker Bauern wie die Bewohner hunderter anderer Siedlungen in Deutschland ihre auf das „göttliche Recht“ gestützten Forderungen nach „christlicher Freiheit“ gegenüber der jeweiligen Obrigkeit begründeten. – In Ehingen werden führende Aufständische hingerichtet, und in Oberstadion werden dem Schwiegersohn des Ulrich Schmied, des ersten Anführers des Baltringer Haufens, unter der Folter die Arme ruiniert. Anderen aufständischen Bauern, unter ihnen Ulrich Schmied, gelingt die Flucht in die Schweiz.

27.11.2000 | Hellmuth G. Haasis tritt als Clown auf

OBERDISCHINGEN. Rektor Friedhelm Kicherer hat den deutschen Romancier und Historiker Hellmut G. Haasis für zwei Auftritte in Oberdischingen gewonnen. Am Mittwoch, 15. November, 15 Uhr, wird Haasis als „Clown Druiknui“ im Mehrzweckraum der Halle lustige Geschichten erzählen. Eingeladen sind vor allem Vier- bis Zehnjährige. Ab 19.30 Uhr wird Haasis aus seinem auf Schwäbisch verfassten Roman „Em Chrischdian sei Leich“ (hochdeutsch: Die Beerdigung Christians) im Rathaus vorlesen, außerdem aus weiteren Büchern, die er geschrieben hat.

Hier einige (verkürzte) Angaben über den Autor.

Haasis hat in den letzten zwei Jahren zwei über Deutschland hinaus beachtete umfangreiche historische Untersuchungen vorgelegt: über den einstigen Stuttgarter „Kammerjuden“ Joseph Süß Oppenheimer und über den Hitler-Attentäter Georg Elser. In beiden Büchern hat er neue Erkenntnisse über diese bemerkenswerten historischen Persönlichkeiten zusammengetragen.

Im Fall Elser bedeutet Haasis’ Biographie, dass dieser schwäbische Handwerker von der Ostalb endlich in das verdiente Licht gerückt wird, als ein tapferer wie integrer und als ein alles andere als spinniger Mensch. Elser, so darf angemerkt werden, ist leider immer noch ein Stein des Anstoßes für Hitler-Kritiker und Historiker des Anti-Hitler-Widerstandes. Elser hatte („nur“) die Volksschule besucht, hatte aber ein klares, deutliches, stimmiges Bild des NS-Unrechtsstaates. – Für die „Jud Süß“-Biographie hat Haasis die vorhandenen, umfangreichen Prozess-Akten erstmals vollständig durchgearbeitet und ausgewertet.

Haasis stammt aus einer evangelischen Pfarrersfamilie des Unterlands; sein Vater kam im Krieg ums Leben. H. Haasis hat in den 60er Jahren Theologie und Geschichte in Tübingen studiert und sich in der damaligen Studentenbewegung engagiert, was ihn die Ordinarien-Universität büßen ließ. Nun lebt er schon seit Jahrzehnten in Betzingen bei Reutlingen. Seit Jahrzehnten bereits veröffentlicht er Romane, Erzählungen, Gedichte und historische Texte (unter anderem eine umfangreiche Untersuchung über die Geschichte der Anhänger der Französischen Revolution in Deutschland). Als erster veröffentlichte Haasis im Selbstverlag einen wichtigen Text aus der Geschichte der Rottenacker „Separatisten“-Bewegung der „Babelesbuben“. Viele Jahre trat er als Clown auf, um seine schriftstellerische Arbeit zu finanzieren. Dem Oberdischinger Schulleiter gebührt Anerkennung, dass er einen hervorragenden Schriftsteller und Historiker „aufs flache Land“ holt – wozu viele andere Kultureinrichtungen nicht imstande sind.

27.11.2000 | Zum Tod von Karl Schaupp

EHINGEN (vf) – In einem Monat wäre Karl Schaupp 85 Jahre alt geworden. Nun wird er am Mittwoch auf dem Ehinger Friedhof zur letzten Ruhe gebettet. Mit ihm stirbt ein Mann, der sich in einem ungewöhnlich respektablen Umfang kommunalpolitisch im Ehinger Gemeinderat, im einstigen Ehinger Kreistag und dann auch noch im Alb-Donau-Kreistag und in seiner Partei, der SPD, engagierte.

Es war ein hohes Maß an Tapferkeit und persönlicher Integrität nötig, um ein halbes Jahrhundert lang für eine
– jedenfalls in unserer Gegend – kleine Partei anzutreten, für die es in Ehingen eigentlich keine Aussicht auf kräftiges Wachstum gab. Erschwerend kam hinzu, dass sich nur vergleichsweise wenige Bürger bereitfinden, für eine Partei zu kandidieren, die wahrscheinlich nie einen Einfluss ermöglichen wird wie die CDU-Gemeinderats- oder -Kreistagsfraktion. Ein anderer als Karl Schaupp hätte wohl „den Bettel hingeschmissen”. Schaupp blieb der einmal erklärten Aufgabe treu, als SPD-Mitglied ein Anwalt der kleinen Leute zu sein. Da der Führungsstil des jetzigen Oberbürgermeisters wie seines Vorgängers im Ehinger Gemeinderat – zumindest in jenen zahlreichen Sitzungen, die der Verfasser dieser Zeilen miterlebte – oft autoritär war, musste sich Karl Schaupp manches gefallen lassen. Und da Solidarität unter Gemeinderäten, soweit es der Verfasser dieser Zeilen als Gemeinderatsberichterstatter miterlebte, in diesem Gremium ein Fremdwort war, war für Schaupp die Arbeit dort des Öfteren kein Honigschlecken. Das Mindeste, was man von Karl Schaupp sagen kann, ist: Er hat mit seinem Verstand, seiner Erfahrung, seiner Ausdauer und seiner Tapferkeit der Demokratie in Ehingen gedient.