20.10.2000 | Zum 125. Geburtstag von Matthias Erzberger

EHINGEN / DETTINGEN (Ermstal) / BUTTENHAUSEN. (vf) – Vor 125 Jahren wurde in Buttenhausen / Lautertal der spätere Reichsfinanzminister Matthias Erzberger geboren. Der Regionalhistoriker Günter Randecker aus Dettingen / Erms macht auf dieses Jubiläum aufmerksam.

Randecker hat in der „ZEIT” einen größeren Text über den bedeutenden schwäbischen Politiker veröffentlicht und schon vor Jahren eine Ausstellung über Erzberger vorbereitet, die in den letzten Wochen in Bad Hersfeld zu sehen war. Im Ehinger Heimatmuseum gilt auf Initiative von Siegfried Mall dem Gedenken an Erzberger eine Vitrine, schließlich war Ehingen früher für Katholiken aus dem Lautertal eine wichtige Stadt. Ein weiterer Bezug Erzbergers zu Ehingen bestand darin, dass hier lange Zeit eine seiner wenigen Verwandten lebte.

Günter Randecker fühlt sich unter anderem auch deshalb verpflichtet, die Erinnerung an Erzberger zu fördern, weil dieser ein Opfer von deutschen Rechtsradikalen wurde – Leuten von einer politischen Einstellung, die nach ihrer halbherzigen Verfolgung in der Weimarer Republik im Dritten Reich amnestiert und gar gefeiert wurden, im selben Dritten Reich, das die Judengemeinde Buttenhausen auslöschte.

In einem Begleittext zu der Gedächtnis-Ausstellung in Hersfeld erinnert Randecker daran, wie der Minister, der sich für die Beendigung des Ersten Weltkriegs einsetzte, in den 20er Jahren von deutschen Rechten geschmäht wurde. Beispiele: Adolf Hitler nannte Erzberger damals den „Johannes des Judenstaates” (mit „Judenstaat” war die Weimarer Republik gemeint, mit „Johannes” ein braver Gefolgsmann und Apostel). Der damalige Deutschnationale Karl Helfferich forderte – kurz vor der Ermordung Erzbergers – in der „Kreuzzeitung”: „Fort mit Erzberger!”

 Randecker erwähnt in einem Text zur Ausstellung, dass der Autor von „Schindlers Liste”, Thomas Keneally, in den siebziger Jahren Erzbergers Leben und Sterben zu einem Dokumentarroman („Gossip from the forest”) verarbeitete – ein Roman, der bis heute nicht ins Deutsche übersetzt ist.

Am Geburtshaus Erzbergers, Mühlsteige 21 in Buttenhausen, steht seit Monaten das Schild „zu verkaufen”. Randeckers Traum: Die Stadt Münsingen, zu der heute Buttenhausen gehört, der Kreis Reutlingen, das Land oder der Bund übernehmen dieses für die Geschichte der deutschen Demokratie wichtige Gebäude und richten dort ein Museum ein. Schließlich, so Randecker, gibt es für andere bedeutende deutsche Demokraten wie Heuss oder Ebert längst ebenfalls offizielle Gedenkstätten.