ALLMENDINGEN (vf) – Die Mehrzweckhalle der Gemeinde war am Samstag für Büchernarren jeder Art (und so auch für den Verfasser dieser Zeilen) das wahre Mekka, vf befragte für diesmal einige Anbieter direkt zur Person. Die Lebensläufe sind sehr verschieden.
A. B. ist Buchhändlerin aus dem Raum Ehingen, die dringend einer Aufbesserung ihrer Kasse bedarf und sich deshalb von einigem ihr Liebgewordenen trennt. – C. D. aus München war früher Bürokaufmann, dann drei Jahre selbständig als Händler für Kindergartenbedarf; seine Firma in München ging pleite, weil es weit größere und billigere Anbieter gab. Einen Job in seinem Beruf findet er nicht mehr; dazu ist er zu alt. Nun vertreibt er Nachlässe oder. Bücher, die altgewordene Büchernarren nicht mehr lesen können; er teilt sich den Gewinn mit seinen Lieferanten. – Wenn er die vielen Bananenkisten voller Bücher in die Halle geschleppt hat und nachmittags wieder ‘raus, tun ihm alle Knochen weh. Da hilft dann erst abends nach der Rückfahrt ein warmes Bad. – E. F. führt in Tübingen ein Antiquariat, verlängert seine reguläre Arbeit also aus dem Alltag auf den Samstag; das oberschwäbische Ummendorf ist seine Heimat. – G. H. aus Pforzheim ist ebenfalls im Alltag Antiquar, hat aber schon eine bewegte Berufsvergangenheit.

Bücher, Bücher, Bücher – für Büchernarren am Samstag ein Vorgeschmack aufs Paradies – oder dieses selbst? Foto: vf
G.H. war fünfzehn Jahre lang Heilerzieher und Lehrer schwererziehbarer Kinder und ging zum Schluss „auf dem Zahnfleisch“. Er konnte sich das nicht mehr zumuten und machte sein Hobby zum Beruf, auch wenn er jetzt nicht mehr so gut sozial abgesichert ist wie früher. – E. F. stammt ebenfalls aus Pforzheim. Er stellt im bürgerlichen Beruf Schmuck her. Früher sammelte er in der Freizeit Bücher. Inzwischen hat er sich auf ein neues Sammelgebiet verlegt, er sammelt Pressendrucke, das heißt bibliophile, schön hergestellte Bücher (meist in kleiner Auflage) aus den 50er und 60er Jahren. – Vielleicht wird er diese ein andermal in Allmendingen anbieten; er war schon mehrfach hier.
G. H. und I. K. sind Lehrer, der eine in Urspring, der andere in Ehingen. Beide haben einfach keinen Platz mehr in der Wohnung für Bücher; I. K. meint: „Meine Bücher sind unwürdig untergebracht.“ – vf erwirbt bei ihm für zehn Märker eine Selberlebensbeschreibung des französischen Komponisten Hector Berlioz. – G. H. bietet für zehn Mark drei dicke Bände Karl Kraus an. Warum? – Er besitzt ein Reprint der gesamten Kraus-Zeitschrift „Die Fackel“.
L. M. ist eine ältliche, streng dreinblickende Frau, die von ihr selbst gesammelte Kinderbücher anbietet, vor allem Bücher für Jungens; die sind ihr nicht so wichtig wie die für Mädchen. Hier handelt es sich vielleicht um eine Feministin. Wer suchte, konnte finden, und zwar billig,
vf flippte schier aus, als er die früher für ihn viel zu teuren Bände der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft das Stück für 10 Mark entdeckte. Natürlich gab es auch andere Raritäten, zum Beispiel einen „handgemachten“ Porno aus den 50er Jahren (dessen Einzigartigkeit dem Verkäufer gar nicht klar war) oder großformatige, farbige japanische Holzschnitte etc. – Mitglieder des Allmendinger Gewerbevereins sorgten dafür, dass keiner hungern musste. Auch hier waren die Preise „zivil“.

Anne Hagenmeyer aus Ehingen erweiterte das Buchangebot in Allmendingen am Samstag auf besondere Art: Sie stellte sich als Repräsentantin eines Berliner Verlags vor, der – wohl vor allem älteren – Menschen anbietet, ihre Erinnerungen in eine passende Form, am besten als Buch, zu bringen und dann zu veröffentlichen. Wer sich beim Verfassen seiner Lebenserinnerungen also helfen lassen möchte, kann dies ab sofort bei A. Hagenmeyer tun. Foto: vf