23.08.2000 | Künstlerportrait Paul Engst: Genug an den Kranen geschafft, jetzt darf gemalt werden

BOCKIGHOFEN (vf) – Paul Engst ist Lackiermeister bei Liebherr Ehingen, seit Liebherr hier begann. Nächstens tritt der 62-Jährige gebürtige Bockighofener in den Ruhestand. Dann will er sich noch mehr seinem seit fünfzehn Jahren wieder betriebenen Hobby widmen, der Ölmalerei. Engst malt teils nach Vorbildern, teils eigenschöpferisch. Fürs nächste Jahr plant Engst eine erste Ausstellung, voraussichtlich im Raum Ehingen.

Wie für seinen Bruder Albert, in Munderkingen ebenfalls Lackiermeister und jahrzehntelang Chef eines eigenen Betriebs, war der Umgang mit Farben für Paul Engst immer etwas, das ihn faszinierte, auch jenseits der Alltagsarbeit. Etwas, das er in freier, selbstbestimmter Form in der verbleibenden Zeit gerne tat. Etwas, das vermutlich mehr erfüllte als eine Kran-Lackierung. Wobei immer klar war, dass erst einmal ordentlich schwäbisch das Geld fürs tägliche Leben mit Berufsarbeit verdient sein sollte. Und wobei auch klar war, dass erst das Wohnhaus, schwäbisch gschwätzt: „räacht doo-schdoht“. Der Bauernsohn hat sein Wohnhaus „auf dr Hoimet“ am Ortsrand von Bockighofen zum großen Teil selbst gebaut und hält es in Schuss. Der Zeitungsmacher gewinnt den Eindruck, Paul Engsts Lebensmotto lautet: Ich darf erst dann richtig malen, wenn die Berufsarbeit ordentlich gemacht ist; wenn fünfzig Jahre Lebensarbeitszeit auf dem Buckel sind.

Paul Engst als einem Bauernkind wurde der Umgang mit Kunst nicht in die Wiege gelegt. Ein solcher Mensch orientiert sich vernünftigerweise zunächst an anerkannten Vorbildern. Das sind für Paul Engst zum Beispiel Renoir, Monet, Spitzweg oder der Biberacher Tier- und Landschaftsmaler Mali. Diesen Vorbildern eifert er nach und er ist stolz, wenn ihm eine Kopie gut gelingt.  Aber schon länger versucht sich Engst auch an „Eigenem“. – Interesse am Verlässlichen, am Dauerhaften sei der Grund, so Paul Engst, dass er mit Ölfarben male: Öl, das hält einfach besser.

Die Motive seiner Bilder sind immer ruhige Landschaften, manchmal mit kleinen Menschen darin, von eher staffagenhaftem Charakter, in eher altertümlicher Kleidung. Die Bilder sind in der Farbe heiter; man kann sagen: Spitzwegs Weltstimmung hat es dem Bockighofer Lackiermeister angetan. Des Münchner Malers Spitzweg durch genaues Hinsehen erkennbare Ironie wirkt freilich nicht weiter, Paul Engst entspricht dem traditionellen Künstlertyp, der nicht enthüllen, nicht anklagen will, sondern in erster Linie erfreuen. Menschen, die seine Bilder anschauen und auch: Menschen, die sie erwerben, sollen sich an ihrem Anblick freuen. Das Leben selbst hat genug Unangenehmes parat; das muss in der Kunst nicht nochmals wiederholt werden. Engst malt Bilder für Leute, die ihr Leben lang anständig geschafft haben, die keinem anderen zur Last gefallen sind und die das Rentnerdasein noch ein bisschen genießen .möchten, genießen wie nur einer, der sagen kann: Ich hab’s verdient.

Dem Mann von der Zeitung gefiel ein Bild Engsts besonders. Es zeigt den Hopfensee bei Füssen, es zeigt eine hinter mäßigen Berggipfeln untergehende Sonne und zwei dem Betrachter mit ihrer Oberseite zugekehrte Boote. Das Bild kann als mehr oder weniger realistische Schilderung angesehen werden. Sonne, Wasser und Boote können aber auch (ohne dass das sein muss) als bedeutungsträchtig verstanden werden. Engst selbst (der sein Bild ja so gut wie jeder sonstige Betrachter deuten darf) sieht in diesem Bild ein Stück eigenes Leben symbolisiert: mit Boot am Land, mit sicherer Heimkehr, mit Last-des-Tages-vorbei.   Zeitungsmacher vf wünscht dem Bockighofer Lackiermeister, dass er mit seiner Frau (die vom einstigen „Waldhorn“ im Nachbardorf Griesingen stammt) noch lange so gesund, wie er jetzt ist, in seinem Bockighofer  Paradiesle leben und malen kann. Und dass sich Mitmenschen, an diesen Bildern freuen.

Bild: Paul Engst mit einem von ihm gemalten Bild des Hopfensees bei Füssen. In dem zunächst realistisch erscheinenden. Landschaftsbild kann man auch Sinnbilder des Lebens nachempfinden. Foto: vf

21.08.2000 | Bürgerwache auf Esztergom-Fahrt Gewehre an der Grenze – o!

EHINGEN / ESZTERGOM (vf) – Wenn die Bürgerwache erleben will, dass sie mit ihren alten Gewehren noch jemand imponiert – die ungarischen Grenzer haben der Garde dieses Erlebnis am Freitag verschafft. Die Grenzüberschreitung erwies sich als sehr schwierig; stundenlang (dem Vernehmen nach acht Stunden!) mussten die Bürgerwehrler an der Grenze warten, bevor sie samt ihren (für die ungarischen Grenzer anscheinend hochgefährlichen) Gewehren weiterreisen durften.

Ziel war Esztergom, wo die Bürgerwache und die Stadtkapelle als ihr Musikzug und zahlreiche weitere Gäste aus Ehingen, vor allem Mitglieder des Partnerschaftsvereins, an einer Jahrtausend-Feier teilnahmen. Trotz der umständlichen Anreise mit wenig oder keinem Schlaf im Bus absolvierte die Stadtkapelle ihren Auftritt gut, wie Dirigent Walter Nittka der Heimat berichtete.

Am gestrigen Abend traf sich zumindest ein Teil der Ausflügler im Gasthaus von Tibor Reiner. T. Reiner hat schon mehrfach bei der Ehinger Kirbe zugunsten des Partnerschaftsvereins ungarisches Gulasch gekocht und scheint auch dieses Jahr bereit zu diesem Engagement.

Am heutigen Montag wollen sich die Ehinger oder ein Teil von ihnen noch ein wenig in Wien umschauen und heute Abend wieder in Ehingen eintreffen. Das Grenz-Erlebnis der Bürgerwache war nicht das erste in der Geschichte der Wehr; vor Jahren gab es schon einmal wegen der mitgeführten Waffen bei einem Grenzübertritt „Trabbl”.

07.08.2000 | „B&R Service Reichlmeier“ Jetzt auch in Ehingen eine Zeitarbeitsfirma

EHINGEN (vf) – Seit kurzem gibt es auch in Ehingen eine Zeitarbeitsfirma, eine Filiale der Münchner „H&R-Service Reichlmeier“ mit Räumen im Haus Marktplatz 9. Die SZ unterhielt sich mit Firmenchef Hans Jürgen Reichlmeier, München.

Die erste Frage, die man an einen solche Firma stellt, ist natürlich: Warum eröffnet eine Münchner Zeitarbeitsfirma eine Filiale in Ehingen? – Die Antwort: H&R vermittelt schon seit Anfang der 80er Jahre und in den letzten Jahren zunehmend Arbeitskräfte an Firmen in Oberschwaben, vor allem auch in Ehingen. Für die Betreuung der Arbeitnehmer auf der Lohnliste von H&R ist es von Vorteil, wenn sie eine Anlaufadresse in Arbeitsplatznähe haben, sich also nicht an die Zentrale in München wenden müssen, sondern eben an einen Zuständigen in Ehingen, in diesem Fall an Büroleiter Ingo Radloff. Die Firma H&R vermittelt viele Arbeitskräfte im Bereich Metallbearbeitung. Und Oberschwaben, so Hans Jürgen Reichlmeier, ist eben ein fast klassisches Land metallbearbeitender Betriebe, die bei Produktionsengpässen auf geleaste Arbeitskräfte zurückgreifen wollen oder müssen.

In Oberschwaben vermittelt  die Firma H&R vorwiegend Facharbeiter aus den neuen Bundesländern. Insgesamt stehen 120 Personen auf der Lohnliste der Firma; dazu kommen zehn Personen in der Verwaltung, verteilt auf die Zentrale in München, mehrere Regionalbüros in den neuen Bundesländern, auf Nürnberg und auf Ehingen.

Im Durchschnitt wird ein „Leiharbeiter“ etwa ein Dreivierteljahr lang von H&R vermittelt. Dann findet er häufig eine Anstellung an seinem Wohnort, muss dann nicht mehr wie zuvor große Fahrstrecken zwischen Wohn- und Arbeitsort
zurücklegen; oder er findet eine Anstellung im Westen und verlegt auch das „Privatleben“ hierher. Dann verschwindet er im allgemeinen aus der „Pay list“ von H&R, auch wenn die ihn gerne länger beschäftigen würde.

H. Reichlmeier stellt fest, dass für einen Mitarbeiter aus den neuen Bundesländern die Chance, in seiner Heimat oder in deren Nähe einen (Dauer-)Arbeitsplatz zu finden, deutlich steigt, wenn er eine zeitweilige Tätigkeit in einem Wessi-Betrieb vorweisen kann.

Im Übrigen stellt der Firmenchef seinen Mitarbeitern aus dem „Osten“ der Republik ein gutes Zeugnis aus: Die Lern- und Leistungsbereitschaft sei hoch, höher als bei zahlreichen Wessis. Und Reichlmeier meint auch, dass viele West-Betriebe sehr von diesen „Ost“-Mitarbeitern profitieren. Die deutsche Wirtschaft, so unser Gesprächspartner, hätte sehr große Probleme, wenn sie nicht auf diese deutschsprechenden Fachkräfte aus den neuen Ländern zurückgreifen könnte.

Für arbeitslos gewordene „Ossis“ sei eine vorübergehende Tätigkeit im „Westen“ auch deshalb sinnvoll, weil sie so im Beruf „drinbleiben“. Auch für die Metallbearbeiter gelte, dass der technische Wandel rasch ist und dass längere Phasen der Arbeitslosigkeit die Chance, erneut einen qualifizierten Arbeitsplatz zu finden, mindern. – Ausländische Arbeitskräfte sind unter den Beschäftigten der Firma in verschwindend geringer Zahl, weil die Hürde, eine deutsche Arbeitserlaubnis zu erhalten, hoch ist.

Vor der „Wende“ suchte Reichlmeier seine zu vermittelnden Facharbeiter vor allem im Fränkischen; in Nürnberg war deshalb früher auch der Firmensitz. In Franken gab es einen „Überschuss“ an qualifizierten Kräften, die H&R dann in andere Regionen der Republik, auch damals schon unter anderem nach Oberschwaben, vermittelte. H. Reichlmeier, 59 Jahre, stammt aus München, dort ist er in einer Handwerkerfamilie aufgewachsen. Er lernte selbst den Beruf des Maschinenschlossers und bildete sich dann zum Techniker und zum Meister (1972) weiter. Nach einer kurzen Tätigkeit in einer Zeitarbeitsfirma machte er sich mit einem Compagnon 1978 selbstständig. Bedingt durch den beruflichen Werdegang Reichlmeiers spezialisierte sich die Firma auf Metallbearbeiter. In begrenzten Umfang werden auch andere Berufe vermittelt, aber kaum Führungskräfte. Das ist dem Firmenchef eine Nummer zu groß.

Bild: H. Reichlmeier  Foto: op

01.08.2000 | Ähnlichkeit mit dem Sensenmann nicht beabsichtigt

EHINGEN (vf) – Das Geheimnis ist teilweise gelüftet. OB Krieger verteilte am Donnerstagabend ein Foto vom Entwurf für den Brunnen am Ex-Franziskanerkloster. Die SZ veröffentlichte das Foto. Der Entwurf stammt von dem teils in Ehingen, teils in Dieterskirch tätigen Künstler Ludwig Lüngen.

Der Verfasser dieser Zeilen stellte im Gespräch mit verschiedenen Bild-Betrachtern fest, dass der Entwurf des heiligen Franz sie an vergleichsweise geläufige Darstellungen des „Sensenmannes“ aus dem späten Mittelalter und der Romantik (Stichwort „Totentanz“ von Alfred Rethel) erinnert.

Vf befragte Ludwig Lungen zu dieser Einschätzung.

Lungen: „Ich hatte bei der Herstellung des Entwurfs keine Absicht in Richtung „Todessymbol“ oder „Memento mori“ (Redaktion: „Gedenke, dass du sterblich bist“). Aber ich habe nichts dagegen, wenn der Betrachter so etwas assoziiert.“

Lüngen weist darauf hin, dass die Figur aus einem eigentlich leeren Gewand besteht. Damit möchte er auf die Geistbestimmtheit des Heiligen Franziskus hinweisen. Andererseits möchte Lungen durch die im Armbereich wallende Gewandung eine Assoziation zum Barock herstellen, zum Barock deshalb, weil das einstige Ehinger Franziskaner-Kloster in der Barockzeit gegründet und die Liebfrauenkirche in dieser Zeit gebaut wurde; in ihr gibt es durchaus die Darstellung von Heiligen in Kutte und wallenden Gewändern.

Dass der Heilige gewissermaßen auf dem Boden sitzt und nicht, wie sonst in der europäischen Kunstgeschichte fast durchweg, stehend dargestellt ist, – diese Konzeption der Figur hat Lungen absichtlich gewählt und will damit die Erdverbundenheit und die Vergänglichkeit, auch eines heiligmäßig lebenden Menschen, andeuten. (Rest fehlt)

Bild: Christina Kirsch, SWP, lange nach dem SZ-Text fotografiert

06.07.2000 | „Die Mammutjäger vom Lonetal“ – Wenn Flinkfuß errötend der jungen Schönfeder folgt

(vf) – Vor kurzem ist im Gerhard-Hess-Verlag, Ulm, ein Nachdruck des Romans „Die Mammutjäger vom Lonetal“ erschienen. Die Verantwortlichen im Hess-Verlag sind Antiquare und bringen gern Reprints heraus von Büchern, die immer wieder antiquarisch nachgefragt werden, weil sie nicht mehr im Buchhandel erhältlich sind.- So hat Hess für den Raum Ehingen bereits einige geschichtlich interessante Veröffentlichungen nachgedruckt.

Die „Mammutjäger“ aus der Feder des Frühgeschichtlers Gustav Riek, in den 30er Jahren erstmals bei Thienemann Stuttgart erschienen, wurden  in unserem Raum früher gern geschenkt und – vielleicht – gern gelesen. Ein Grund war: Die Funde in den Lonetal-Höhlen zwischen Ulm und Heidenheim in den 20/30er Jahren wurden damals als spektakulär empfunden (Leider hatten ja die Franzosen in ihren Höhlen viel tollere Funde gemacht).

Das Interesse an romanhafter Schilderung der einstigen Bewohner unserer engeren und weiteren Heimat hatte schon im 19. Jahrhundert beim Erscheinen von J. D. Weinlands Roman „Rulaman“ geboomt. Der fellbekleidete Rulaman lebte – in der Phantasie seines Autors – im Raum Reutlingen; die aufgrund von viel weiter reichenden Frühgeschichts­kenntnissen verfassten „Mammutjäger“ lebten eben im Lonetal, deren Höhlen Gustav Riek als einer der ersten auf ihre frühgeschichtliche Besiedlung hin erforschte und wo er erstaunliche plastische Tierdarstellungen und Höhlenmalereien entdeckte. Die „Mammutjäger“ waren in den ersten Jahrzehnten nach Erscheinen ein Hit der Kinder- und Jugendliteratur. Man darf annehmen, dass die Nachfrager heute vor allem Bücherfreunde sind, die das Buch einst zur Erstkommunion, zur Konfirmation, zu Weihnachten erhalten hatten und deren erstes Exemplar inzwischen verschlissen ist. Während wir als junge Leser an einer spannenden Story interessiert waren und die beiläufig einfließenden Informationen zur Frühgeschichte eben „mitnahmen“, weil es nicht anders ging, kann man als Erwachsener das Buch heute anders lesen.

Beim Anders-Lesen stieß der Verfasser dieser Zeilen auf einen Abschnitt, in dem der Autor sich vorstellt, wie vor etwa dreißigtausend Jahren auf der Alb männliche und weibliche Jugendliche sich begegnen, in unserem Fall der junge „Flinkfuß“ und die junge „Weißfeder“, vf hat im Folgenden einige Abschnitte aus dem Reprint ausgewählt, bei denen er den Eindruck hatte, dass hier eine geläufige Kritik an historischen Romanen sticht: Der Autor versetze Personen aus seiner Gegenwart  in  die beschriebene Vergangenheit; diese Figuren hatten Empfindungen, die zur Zeit des Autors üblich waren. Bildhaft gesprochen: Ein Roman-Römer sollte statt der Toga und des Purpurs eher ein Jackett tragen, und der beschriebene   Roman-Hurone sollte nicht im Kanu über die Großen Seen fahren, sondern im Cadillac über einen Highway des 20. Jahrhunderts.

Nun die von Riek erfundene Liebesgeschichte zwischen zwei jungen Leuten der frühen Steinzeit.

Die junge Weißfeder „hatte stets gejubelt, wenn Flinkfuß ihr eine neu geschnitzte Rundfigur zeigte. Ja, sie konnte aus Freude und Bewunderung in die Hände klatschen. Weißfeder wusste nicht, dass Flinkfuß um ihretwillen manche Nacht voll Harm am Höhlenfeuer durchwacht hatte. Aber oft leuchtete es in ihren Augen geheimnisvoll, als wüsste sie doch um all die Gedanken, mit denen der schweigsame Flinkfuß umging. Bei manchem Besuche sprachen sie nur wenig miteinander. Aber ihre Blicke begegneten sich, sobald der Alte  unaufmerksam war oder sich mit der Glättung von Pfeilschäften und der Schärfung von Beinspitzen beschäftigte… Aus tiefster Seele begehrte er nach einem Leben mit Weißfeder.“

Und nun eine Stelle, die für die 30er Jahre fast als obszön gelten konnte. Flinkfuß beobachtet aus einem Versteck, wie sich Weißfeder auszieht:

 „Die schöne Weißfeder kam aus der Höhle, reckte und streckte sich einige Male und eilte flink an das flache Ufer des hier ziemlich breiten Flusses. Da warf sie sich behende auf den Bauch, spülte sich den Mund und trank, trank in vollsten Zügen aus dem klaren Fluss. Dann schlüpfte sie aus ihrem Lendenumhang, warf sich ins Wasser, prustete und plätscherte, versuchte, an der tiefsten Stelle zu tauchen, watete auf und ab und legte sich nah dem seichten Ufer lange still in das gleichmäßig strömende Wasser. Sie erhob sich, ließ das Wasser von ihrem Körper abtropfen, sprang ans Ufer und tanzte nackt auf den bemoosten und begrasten Wiesengrund umher, bis sie völlig trocken war. Sie knüpfte ihren Umhang um, der nur aus vielen schmalen, weißen und ganz weichen Renntierfellstreifen bestand, richtete ihre langer braunen Haare zurecht und kauerte sich noch ein wenig in die Morgensonne. Schließlich erhob sie sich.

Leise richtete sich Flinkfuß empor und setzte in jagenden Sprüngen durch den Fluss. Sein Herz klopfte, als er vor Weißfeder stand. Mit langem Blick und weit geöffneten Blauaugen sah Weißfeder auf Flinkfuß, und plötzlich war sie sich schuldbewusst. Rot und heiß schoss ihr das Blut zu den Schläfen.“

„Ahnen“ – „streitbare Jugend“

Braune Zeit kommt ins Blickfeld, wenn Riek einige Absätze später schreibt: „Wortlos schritten zwei Menschen vom Stamme der Mammutjäger mit leuchtenden Augen in die Wildnis, damit sie das Gesetz ihrer Ahnen erfüllten.“ Oder wenn der Häuptling sich freut, dass die männliche „Jugend so streitbar war“.

Bild: Das Titelbild des Reprints, mit einer Kalkfelsenpartie im Hintergrund, wie sie fürs Lonetal typisch ist. Davor ein wackerer Krieger vom Stamm der Mammutjäger.

05.07.2000 | Das Gymnasium stellt sich in Buchform vor

EHINGEN (vf) Zum Jubiläum „175 Jahre Gymnasium” bringt die Schule ein 300-Seiten-Buch heraus. Das erste Exemplar möchte die Schulleitung nächsten Dienstag dem Oberbürgermeister übergeben, danach wird das Buch für 20 Mark zum Kauf angeboten, insbesondere natürlich am Jubiläumsfest Mitte Juli.

Darstellungen der Gymnasiums Geschichte gibt es in Buchform seit den Jubiläumsjahren 1975 und 1986. Die Geschichte brauchte also nicht mehr dokumentiert zu werden. Das Redaktionsteam aus den vier Lehrern Wolfgang Sigloch, Jochen Fritz, Hermann Schmid und Josef Schmid, hat deshalb ein bemerkenswertes Konzept für die jetzige Neuveröffentlichung entwickelt und realisiert.

Sieben frühere, bedeutende Schüler des Gymnasiums werden vorgestellt, des Weiteren junge Künstler, die in den letzten Jahren aus der Schule hervorgingen. Verschieden preisgekrönte Aufsätze sind aufgeführt, herausragende Ergebnisse verschiedener Aufsatzwettbewerbe, eine Erzählung des inzwischen mit Preisen bedachten Schriftstellers und früheren Schülers Karlheinz Ott aus Oberdischingen. Der aus Lauterach stammende, jetzt als Lehrer in Rottenburg tätige Reinhard llg steuerte seine Examensarbeit bei: „Reden Ehinger Schulleiter im deutschen Kaiserreich”, zusammengefasst unter dem Motto „Abitur unter der Pickelhaube”.

Im folgenden verschiedene Beiträge etwas genauer.

Da sind zunächst einmal Biographien von bedeutenden Schülern; von dem aus Schelklingen stammenden späteren Mittelalter-Historiker Heinrich Günter (Hauptwerke erschienen während des Dritten Reichs); von dem Geistlichen und Verfasser einer bedeutenden Biographie des Astronomen Kepler, Max Kaspar; von dem Journalist und Schriftsteller Konrad Weiß; vom (aus Ertingen stammen) Mundartdichter Michel Buck, von dem aus Munderkingen stammenden einstigen württembergischen Staatsminister Karl Josef Schmid, von dem früheren Rottenburger Bischof Johannes Baptista Sproll („Bekennerbischof”)..

Dass diese Liste zusammenkam, verdankt sich zum Teil dem Zufall oder, wenn man so will, der individuellen Aufmerksamkeit: Ehingern war bisher wohl kaum bekannt, dass der vor 120 Jahren geborene Schriftsteller Konrad Weiß vor 100 Jahren sein Abitur in Ehingen ablegte; er war nicht bekannt, weil er eben, wie die meisten früheren Schüler, nicht aus Ehingen oder der näheren Umgebung stammte, sondern von weiter her, diesfalls aus Rauenbretzingen bei Schwäbisch Hall. Lehrer Wolfgang Sigloch war auf den früher bekannten, heute ziemlich vergessenen, 1940 gestorbenen Literaten in einer Publikation des Marbacher Literaturarchivs gestoßen. – Der Beitrag über den einstigen Munderkinger Bürgermeister und späteren Minister K. J. Schmid stammt aus der Feder eines entfernten Verwandten, des SZ-Redakteurs Wolfgang H. Schmid.

Die Neuerscheinung weist weiterhin die Aufsätze auf, mit denen die jetzigen Abiturienten Maria Pinzger und Anna Singer bei einem Landeswettbewerb vor drei Jahren Preise errangen (dieser Coup gelang den zwei Frauen dieses Jahr erneut).

Der frühere Schüler Felix Wassermann war bei einem Landeswettbewerb mit dem Aufsatz „Das verflixte Sieben” erfolgreich; auch dieser Aufsatz wird abgedruckt. Ingo Fahrner schließt inzwischen seine Doktorarbeit in Mathematik ab; als er Schüler am Gymmi war, stieß er mit mathematischen Überlegungen bei einem Bundeswettbewerb vor bis unter die Besten; auch dieser formelreiche „Text” ist wiedergegeben.

Einige in der Neuerscheinung vorgestellte junge Künstler, früher am Gymmi, haben es – wie der dreißigjährige, aus Berg  stammende Oliver Braig – bereits zu einiger Bekanntheit gebracht. Fünfzehn Aufsätze wurden von Schülern eingereicht zu verschiedenen Themen wie „Was eine Schulbank erzählt”, „Lohnt sich ein Schuljubiläum?” und „Ehinger Gymnasium im Jahr 2025″; aus den vorgelegten Aufsätzen wurde eine Auswahl getroffen und ist nun in dem Buch nachzulesen.

Texte und Bilder wurden von der früheren Gymnasiastin Bettina Spiegel (Abi 1992) und ihrem Sozius Olaf Bertsche in ihrer noch jungen Design-Firma in Neu-Ulm/Lehr in eine schicke Form gebracht. Das Ganze wurde bei der Ehinger Firma Junginger in 1400 Exemplaren gedruckt, auf von Sappi gespendetem gutem Papier. Wer will, kann jetzt auch die beiden früheren Schuljubiläumsschriften, von 1975 und 1986, miterwerben, im Doppel- und Dreierpack, für den Super-Preis von 30. und 35 Mark.