14.11.2003 | Ein Chopin der leisen Töne

ÖPFINGEN / MUNDERKINGEN (vf) – Von Wolfgang Weller liegt jetzt die CD-Version eines Chopin Klavierabends aus dem Jahr 1999 vor. Das Konzert am 9.11. 99 im Rathaussaal Munderkingen wurde mitgeschnitten. Verlegt wurde die CD bei „Reata Label“ Öpfingen, Fax 07391 / 75152. Der Gründer und Leiter von „Reata“ ist der in Öpfingen wohnende Gitarre Lehrer Oliver Woog.

Das Programm des Chopin Abend: eine Nocturne, eine Mazurka, eine Polonaise, ein Prélude, ein Impromptu, eine Ballade, drei Etüden, „Souvenir de Paganini“ (auf Deutsch etwa: In Erinnerung an P.) und als Schluss das Schlaflied „Berceuse“ op. 50, das ist alles in allem eine ganze Menge.

Wolfgang Weller ist der Meinung, dass Konzertmitschnitte der Einspielung im Studio vorzuziehen seien, weil sie ein Element des Spontanen eher behalten.

Gewiss kann man sich ein besseres Instrument als den Munderkinger Rathausflügel vorstellen, aber Weller schafft es, insbesondere in den leiseren Kompositionen, mit dessen Mängeln klarzukommen.

Wolfgang Weller ist ein Prophet der ruhigen Tempi („tempo giusto“). – Propheten verkünden gern das, was ihnen innerlich näher liegt, ob das nun Katastrophen oder Paradiese sind. Für den CD-Hörer vf entfaltet sich Wellers Musikalität schöner bei den langsameren oder langsamer nehmbaren Kompositionen Chopins. Und das ist auch die weit überwiegende Zahl der Stücke jenes Novemberabends im Jahr 1999.

Mit seiner bekennenden Liebe zu langsameren Tempi, mit der Betonung des „musischen statt des sportiven Elements“ (so das CD-Begleitheft) spricht Wolfgang Weller dem Verfasser dieses CD-Hinweises aus dem Herzen. Der Wert der „Langsamkeit“ wird heute – in einer Zeit noch immer anhaltender Beschleunigungen -von einigen Zeitgenossen mehr als bisher für wert-und sinnhaft gehalten.

Bei einem gemäßigteren Tempo hat man Zeit zum Zuhören, um sich versenken, auch gar, etwas abzuschweifen und dann doch noch den „Anschluss zu kriegen“. Selbst ein Klavier-Fortissimo mit drei „f“ kann nie mit einem Orchester und schon gar nicht mit einem modernen Beschallungsgerät konkurrieren. So wie die Langsamkeit für viele noch zu entdecken ist, so auch die leisen Töne. Pianisten sind heute durch den Vergleich mit anderen Schallerzeugungsgeräten-immer auf der leiseren Seite; man denke nur mal, mit welchen Schall-Wellen uns selbst der Fernseher täglich bewirft (und wie wenigen Zeitgenossen das auffällt). Klaviermusikhören ist heute also kurioserweise fast ein Training in Stille. Freuen wir uns, dass wir hier im Raum Ehingen einen oder einige wenige haben, die diesem Kult der Frau Muse namens „Leise Töne“ huldigen – ein bisschen Kult darf sein.