21.02.2004 | Autorin Draginja Dorpat ließ sich in Biberach befragen

BIBERACH / MUNDERKINGEN / EHINGEN (vf) – Die Autorin „Draginja Dopat“ wird im Mai in Ehingen aus ihrem 2003 veröffentlichten Roman „Und zu Küssen kam es kaum“ vorlesen. Der Roman spielt bekanntlich unter anderem in Ehingen und Munderkingen und hat die Jugend der Autorin in den Jahren nach dem letzten Weltkrieg zum Thema. Am Mittwochabend ließ sich die Autorin (wie in SZ Ehingen angekündigt) in der Biberacher Stadthalle vom Biberacher Kulturamtsleiter Hans-Peter Biege und SWR-Kulturredakteur Wolfgang Niess befragen.

Vor überwiegend weiblichem und überwiegend über vierzigjährigem Publikum sprach die Autorin Ruth Knaak uneitel, freundlich zugewandt und mit lebhaften Gesten über ihre beiden Romane, vor allem den von 2003, und über ihr Leben.

Sie setzte einige Akzente. Es wurde deutlich, dass sie mit dem Roman von 2003 schreiben wollte, wie es „damals“ gegen Kriegsende und nach dem Krieg war und wie sie es damals empfand. Die Autorin hat noch immer minutiös genaue Erinnerungen an ihren zeitweiligen Wohnort Munderkingen. Im Rückblick sieht sie ihr früheres Leben (inclusive Studium) als fremd bestimmt. Als sie ihre Assistententätigkeit am Politischen Seminar der Uni Tübingen Ende der 50er Jahre abrupt beendete, tat sie das, um in einer eigenen Familie endlich selbstbestimmt zu leben – ein Ziel, das sich dann infolge der Kinder, die sie bekam und aufzog, wohl doch nicht so wie geplant erreichen ließ; irti Roman 2003 spricht sie von Kindern als einem „Gefängnis“.

Wenn man das weibliche Publikum im Biberacher Liebherr-Saal sah, lauter bieder-liebe Bücherleserinnen, dann verblüffte ein Bekenntnis der Autorin: Sie führte als Schrecken ihrer Studentenzeit den „Kuppelei-Paragraphen“ an; dieser Paragraph sollte das Zusammensein von unverheirateten Männlein und Weiblein in der gemieteten Studentenbude verhindern und erschwerte es zumindest. Die Autorin bezeichnete als Ergebnis dieses Paragraphen: „Ich bin um meine Jugend gebracht worden“. Man gewann den Eindruck, dass erotische Libertinage für die Autorin von „Draginja Dorpat“ unvergleichlich wichtiger war als für viele weibliche Wesen heute, dass „Draginja“ es als schlimmen Eingriff in u ihr Leben empfand, dass sie nicht einfach mit einem Mann ins Bett hüpfen konnte, wie sie das damals vielleicht wünschte. Ihr erotisch angehauchter Erstling „Ellenbogenspiele“ (1966) drückte im Übrigen laut ihrer Aussage am Mittwoch eher Wunschträume als Erfahrungen aus. Der etwas libertine Roman erreichte damals, kurz vor dem Auftauchen der „Kommune I“, eine sagenhafte Auflage von 75.000 Exemplaren.

Auf die Frage, warum sie jenen Roman geschrieben habe, sagte die Autorin jetzt, als 72-Jährige: Sie habe sich selbst beweisen wollen, dass sie auch zu anderen Aufgaben imstande sei als Kinderhüten, zumal ihr ursprünglicher Berufstraum „Journalistin und Politikerin“ gelautet habe. Ihr Vorbild war der Journalist und Politiker Matthias Erzberger. Ihre Munderkinger Oma hatte ihr von ihm erzählt; er war ein – im Effekt glückloser – Verehrer der schon mit einem Munderkinger Gastwirt verheirateten Oma. Ruth Knaak hat laut „Spiegel“ (Ausgabe 5 / 2004) unter ihrem bürgerlichen Namen im Jahr 1997 ein Buch über Neurodermitis und 1998 einen Ratgeber „Erbarmen mit den Männern“ veröffentlicht, der „Prostata-Probleme“ behandele.