(vf) Katholische Geistliche wollen, dass ihre Kirche nicht die Tür vor Protestanten zuschlägt. Sie wollen sich aber nicht als Individuen zu dieser Forderung öffentlich bekennen.
Dem Zeitungsmacher Veit Feger begegnet täglich bei seinen Zeitgenossen (vielleicht auch bei sich selbst) eine unschöne Eigenschaft: Angst, Mangel an Zivilcourage. VF kommt sich vor, als lebte er sechzig Jahren früher, zu Zeiten der Gestapo. Dabei leben wir derzeit in einem Staat mit einem Ausmaß an Freiheit des Redens und Schreibens wie nie zuvor in Deutschland.
Da trifft man nun bei den ungenannten katholischen Offenen-Brief-Unterzeichnern auf eine relativ neuartige Begründung für Nicht-Bekennen, eine Begründung, die man sich schon zweimal laut vorlesen muss. Die Briefschreiber befürchten, wenn sie sich als Unterzeichner des Briefs an den Bischof outen, könnten Kollegen in die Bredouille kommen, beim Kirchenvolk als Anhänger einer anderen Meinung, wohl einer eher .traditionalen, kenntlich zu werden. In der Geschichte des Christentums gab es eine Zeit, in der ein Märtyrer, als die höchste christliche Existenzform galt. Wer Zeuge war, wurde beinah im Schnellverfahren zur „Ehre der Altäre” erhoben, das heißt: heiliggesprochen. Man stelle sich vor: Heute wird Zeugenschaft abgelehnt, weil andere, die nicht bezeugen wollen, dann als Nichtbezeuger kenntlich werden. Ein härteres Auf-den-KopfStellen einstiger christlicher Werturteile ist nicht leicht vorstellbar.