12.10.2003 | Kurt Grabert – Skulptur und Malerei

GÖPPINGEN / EHINGEN (vf) – Der Ehinger Marktplatzbrunnen gilt als eines der beiden Hauptwerke des vor einigen Jahren verstorbenen Künstlers Kurt Grabert. In den vergangenen Monaten konnte man im und vor dem Ehinger Ex-Franziskanerkloster eine Reihe plastischer Arbeiten K. Graberts sehen. – Seine Ehefrau Lore Grabert-Kodera hat viele zwei- und dreidimensionale Arbeiten Graberts in einem schön gestalteten, gut zweihundert Seiten umfassenden Buch in Bildern und Texten festgehalten und die Standorte notiert.

Das Buch ist ein schönes Zeugnis der Zuneigung und des Respekts; es kann in der Buchhandlung König erworben werden. Dass die Ehinger Heimatzeitung von dieser Neuerscheinung mit ihrer begrenzten Auflagenzahl (Privatdruck) Notiz nimmt, ist auch deshalb gerechtfertigt, weil der Theodulsbrunnen der erste große Plastik-Auftrag Graberts war; dieser Brunnen führte dazu, dass der damals bereits über Sechzigjährige eine Reihe weiterer Aufträge erhielt, vorwiegend in Orten in einem Umkreis von etwa hundert Kilometern um Ehingen. In Ehingen stehen noch weitere plastische Arbeiten Graberts „im öffentlichen Raum“: die Eulenspiegel-Figur vor dem Rathaus, der Viehmarkt Brunnen, dazu – aufmerksamen Passanten sichtbar – die feine, ihrem eigenen Spiel „versunken“ zuhörende Flötenspielerin in einem Garten an der Lindenstraße und ein wasserspeiender Nock in einem Garten im Wolfert Gebiet beides Folgeaufträge aus der Theodulsbrunnen Arbeit.

Der 1922 in Stuttgart geborene Künstler starb nach einer kurzen, schweren Krebserkrankung im Jahre 1999. Lotte Grabert-Kodera hat ihm ein besonderes „Denkmal“ gesetzt, durch die bildliche und textliche Auflistung der Arbeiten ihres Mannes, durch Fotos, die ihn bei der Arbeit zeigen, vor allem aber durch ihren Textbeitrag: „Ein Augenblick, ein Vierteljahrhundert- Erinnerungen an meinen Mann Kurt Grabert“. Spürbar wird die Zuneigung, die die beiden verband: eine glückliche Ehe, von der die Lebende sachlich und liebenswürdig schreibt. – L. Grabert-Kodera lernte ihren späteren Mann auf einer Prag-Reise kennen; sie war auf der Suche nach Zeugnissen ihrer Vorfahren. Die schönen Empfindungen des Beginns einer Liebesbeziehung haben zweieinhalb Jahrzehnte gemeinsames Leben und den Tod des Mannes überdauert, obwohl (oder: weil?) Lore Kodera selbst ein intensives Arbeitsleben führte: Sie leitete eine große Familienbildungsstätte in Göppingen, sie eröffnete dort 1967 und führte dort bis 1991 ein „Malatelier“ für Kinder nach den Empfehlungen des aus Deutschland stammenden Pariser Psychologen Arno Stern. (Eines dieser nicht gerade häufigen Malateliers gibt es auch in Ehingen, seit langem geführt von Geneviève Terhardt.)

Wer den Künstler K. Grabert kannte (wie der Verfasser dieser Zeiten) und wem ein passender seelischer „Resonanzboden“ eignet, kann das Glück nachempfinden, das die Buchautorin im Umgang mit K. Grabert empfand: Grabert war ein ausgesprochen fröhlicher, herzlicher, direkt auf Menschen unbekümmert zugehender Mensch, ein – zumindest manche Zeitgenossen – durch seine Begeisterung ansteckender Charakter. Die akademische und Großteils auch journalistische Kunstbetrachtung in der Bundesrepublik wird nicht viel Notiz von Kurt Graberts Arbeit genommen haben und nehmen. Das liegt teils an diesen Betrachtern, teils auch an den Arbeiten Graberts. So war und ist aus dem universitären oder sonstigen Kunstbetrachterbereich eine größere Würdigung Graberts derzeit kaum zu erwarten. Aber seine Witwe hat diesen humanen und klugen Dienst, einen Liebesdienst geleistet.