17.01.2003 | Napoleon im Fernsehen und Urkunden-Pflege über drei Generationen

MUNDERKINGEN (vf) – „Leute um 1800″ – kann man sich was Gruftigeres vorstellen? – Ja, man kann! Siehe den aktuellen Napoleon-Film.  Napoleon rauscht derzeit durch die deutschen Fernseh-Stuben; der Mantel der Geschichte weht um Millionen Zuschauer: So ein feiner, schöner Mann, der „nichts als den Frieden will”, so sehr geliebt von schönen (!) Frauen und so bewundert von seinen Soldaten, gar: seinem ganzen Volk!!! Tja, da erinnert man sich gern an Bezüge zu dieser Zeit. Eine Munderkingerin hat einen Urgroßvater, der mit Napoleon nach Russland zog. Man kann es fast nicht glauben, aber es stimmt: Jener Andreas Schmieg aus dem Hohenlohischen machte den Krieg 1813 als junger Mann in einem württembergischen, mit Frankreich alliierten Bataillon mit. Er überstand alle die schrecklichen Dinge wie „russische Armeen”, „russischer Winter”, „Hunger”, „Partisanen”, kehrte zurück und heiratete als sechzigjähriger Mitte des neunzehnten Jahrhunderts zum dritten Mal in seinem Leben; er wurde .noch Erzeuger, jedenfalls wird das so .berichtet. Seine Tochter hörte noch die Erzählungen ihres weitgereisten Vaters gab sie ihrem Sohn weiter und der an seine Tochter, die Mitte der zwanziger Jahre in Murrhardt geborene, seit Ende der 50er Jahre in Munderkingen lebende Irma Greiner.

Die frühere EVS-Beraterin besitzt noch die Urkunde, mit der der württembergische Kriegsminister 1840 jene Männer bedachte, die 28 Jahre zuvor am Russland-Feldzug Napoleons teilgenommen hatten. Keiner dieser Männer, scheint es, schämte sich damals/ an einem Angriffskrieg teilzunehmen, keiner schämte sich, an einem Krieg teilzunehmen, der  hunderttausende Menschen das Leben kostete. Wie meist: Die Geschichte wird von den Überlebenden geschrieben. Und was Napoleon angeht, so will uns jener frische, vierteilige Fernseh-Film aus Frankreich deutlich machen: Kriegerische Welteroberer werden, egal, wie hoch die Opfer sind, von ihrem Volk bewundert, und heute noch eignen sich Männer wie Napoleon zur bewundernden Darstellung durch Angehörige dieser Grande Nation.

Merke: Alles ist paletti, solang der Typ nicht Adolf heißt. Je weniger überleben, desto interessanter sind die Aussagen derer, die doch noch heimkamen. Und so wurden die Erinnerungen des glorreichen Russlandzug-Teilnehmers – zumindest in der Familie Schmieg/Greiner – sorgfältig notiert und weitergegeben.

Ganz selbstverständlich ist so etwas heute nicht mehr. Ob künftige Generationen noch mit den Hinterlassenschaften der Ahnen so respektvoll umgehen, ist fraglich. Aber hier jedenfalls gilt der Glücksfall: Die Kriegsteilnehmer-Urkunde vom Uropa kann im Jahr 2003 in der Ehinger SZ abgedruckt werden, persönlich übergeben von einer Nachfahrin der dritten Generation. Frau Greiner gilt unser herzlicher Dank dafür, dass sie uns das teure Stück zur Kopie überließ und die entsprechenden Daten zum Leben ihrer Vorfahren genannt hat.

Zum Foto: Der württembergische König und sein Kriegsminister ließen sich nicht lumpen. Zumindest eine schön und auf gutem Papier gedruckte Urkunde gab es für jene Männer, die Jahrzehnte zuvor ihre Knochen im Dienst des Landesherren hingehalten hatten und nach Russland gezogen waren.: