EHINGEN / STUTTGART (vf) – Ein ungewöhnliches Konzert steht in Ehingen für den 17. Februar bevor: Die aus Ehingen stammende, in Stuttgart lebende Sopranistin und Regisseurin Angelika Luz trägt moderne Vokalkompositionen vor, und: Sie singt nicht nur, sie schauspielert auch dazu.
Unalltäglich ist ihr Konzert nicht nur wegen der szenischen Akzente, sondern auch, weil das Programm vor allem zeitgenössische Kompositionen umfasst. Die Operetten-Melodien von Nico Dostal und Paul Abraham verlangen vermutlich weniger Hör-Arbeit; aber die Mehrzahl der gebotenen Kompositionen und poetischen Texte stammt aus den letzten Jahrzehnten. – Luz singt nicht nur, sie rezitiert auch, vor allem Gedichte, die aus dem Ungarischen übersetzt sind, und so lauten die zeitgenössischen Komponisten- und Dichter-Namen Endre Kukorelly, geboren 1951, Tamas Szentjoby, geboren 1944, Luciano Berio, geboren 1925, Helmut Lachenmann, geboren 1935, György Petri, geboren 1943, Adriana Hölsky, geboren 1953.
Ungewöhnlich am Programm ist sicher Adriana Hölskys „Monolog“ („für eine Frauenstimme mit Pauke“, 1977). Die
Komponistin ist 1953 geboren, ist also in einem ähnlichen Alter wie die Interpretin, und unterrichtet Komposition am Mozarteum in Salzburg (Im Herbst wurde eine neue Oper von Hölsky uraufgeführt). A. Luz hat mit Hölsky zusammen deren Komposition durchgearbeitet Der Text des „Monologs“ besteht aus kurzen Sätzen oder Wortfetzen, die die Sängerin während einer Zeitungslektüre ausstößt (beispielsweise: „Journalist ermordet“). –
Sicher ungewöhnlich an dem Programm, das in Ehingen zu hören (und ein bisschen: zu sehen) sein wird, ist auch das Stück „Sequenza III“ des Italieners L. Berio. Luz fügt darstellerische Elemente zur Musik hinzu: Sie singt gegen ihren Notenständer an, sie nimmt ihn in den Arm, haut ihm eine ‘runter, schaut (wie auf unserem Foto) zwischen den Streben der Noten-Auflage hindurch. Abwechslungshalber erinnert sich Luz auch ihrer „Vergangenheit“ als Operetten-Sängerin und bringt Eingängiges (Paul Abraham etc.) zu Gehör, zudem einen in den dreißiger Jahren bekannten amerikanischen Schlager. Die unterschiedlichen Kompositionen werden mit kleinen Änderungen der Garderobe auch für den Augen-Sinn erlebbarer gemacht. Begleitet wird A. Luz von Felix Romankiewicz, Klavier, Heidelberg; Prof. Ernst Poettgen, Stuttgart, gibt Erläuterungen zum Programm (Poettgen war 30 Jahre Oberspielleiter der Stuttgarter Oper; ihm ist A. Luz auch persönlich verbunden). Neben dem Programm „Traum und Alptraum“, das in Ehingen zu hören ist, bietet sie auch ein Programm mit Chansons von Weill und Schönberg an. Zur Person der Sängerin. Aufgewachsen ist sie in Ehingen (ihre Eltern Theresia und Richard Bechtle leben hier im Ruhe
stand), sie besuchte das Gymnasium bis zur Mittleren Reife und lernte in Ehingen Klavier bei dem früheren Kirchenmusikdirektor Elmar Henger und Geige bei Gymnasial-Musiklehrer Oßwald. Sie sang im Gymnasiums- und im Chor von St. Blasius mit. Anschließend begann sie mit der Ausbildung zur Kirchenmusikerin in Rottenburg und bald darauf an der Stuttgarter Musikhochschule an der Stuttgarter Musikhochschule mit der Ausbildung zur Pianistin und Sängerin. A. Luz war dann eine Reihe von Jahren an verschiedenen Opernbühnen engagiert (Köln, Zürich, Hamburg, Karlsruhe, Mannheim, Berlin, Wien, Prag). Sie hat Preise beim Mozart-Wettbewerb in Würzburg, beim VDKM-Wettbewerb in Berlin und beim Internationalen Koloratur-Wettbewerb Stuttgart errungen. Ihre sängerische Entwicklung begann, vereinfacht ausgedrückt, mit Mozart und führte über den manchmal ja recht modern anmutenden Renaissance-Komponisten’ Monteverdi zur modernen Musik; diese ist heute ihr Arbeits-Schwerpunkt.-Sie hat einige Kompositionen als erste Interpretin überhaupt gesungen, etwa im Herbst in Stuttgart beim „Eclat’-Festival Kompositionen von Andreas Dohmen und Luciano Berio. Im nächsten Sommer wirkt sie an dem von Pierre Boulez geleiteten Musikfestival IRCAM in Paris mit. – An der Stuttgarter Hochschule für Musik und Darstellende Künste unterrichtet A. Luz neue Vokalmusik und Regie. Im Herbst hat sie beispielsweise mit Studenten der Hochschule zusammen „Hansel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck inszeniert. Studenten sangen; das Orchester der Musikfreunde Stuttgart begleitete die zwei Aufführungen im Konzertsaal der Musikhochschule. – Bei ihren Inszenierungen arbeitet L. Luz gern mit modernen Techniken sogenannt multimedialer Art, wie sie heute an anspruchs vollen und subventionierten Bühnen üblich sind.

Angelika Luz ist nicht nur eine charmante von Jahren an Sängerin, sie hat auch Witz: Zur Ankündigung ihres Auftritts in Ehingen stellte sie uns dieses zunächst rätselhafte Foto zur Verfügung: Es zeigt die Sängerin, wie sie gegen ihren Noten- ständer ansingt – ein Versuch, Musik auch fürs Auge ein wenig erlebbar zu machen.