02.02.2003 | Josef Steiner lebt in Ungarn und Schwaben

UNTERMARCHTAL (vf) – Mit einem Bein im Schwabenland, mit dem anderen in Ungarn, so kann man sich den Untermarchtaler Donauschwaben oder donauschwäbischen Untermarchtaler Josef Steiner vorstellen. Im Januar 1948 musste er als Achtjähriger seine Heimat im „Buchenwald“ westlich Budapest verlassen. Seine Familie fand eine neue Heimat in Untermarchtal, aber seit dreißig Jahren besucht Josef Steiner wieder das Herkunftsdorf und, seit er im Ruhestand ist, mehrere Male im Jahr. Er fühlt sich in Ungarn wohl, aber ganz umziehen will er nicht; da bietet ihm seine zweite Heimat Deutschland zu viel Vorteile.

Vor einigen Jahren hat Steiner in seinem Heimatdorf Bakonyjákó das Ferienhaus gekauft, in dem er zuvor schon zahlreiche Urlaubswochen verbracht hat. Er ist froh, dass Frau und Kinder gern mit ihm den Urlaub dort verbringen. Ehefrau Gisela geb. Schwatlo ist selbst heimatvertrieben; sie stammt aus Allenstein im einstigen Ostpreußen; aber in ihrer eigenen Heimat war sie bisher noch nicht. – Ganz einhellig ist die Begeisterung über die Fahrten nach Ungarn auch bei Steiners nicht: Die Eltern von Josef Steiner wollten nie mehr in das Dorf, aus dem sie an Dreikönig 1948 verjagt wurden, und die ebenfalls in Untermarchtal lebende Schwester unseres Gewährsmanns möchte mit dem Dorf im „Buchenwald“ ebenfalls nichts mehr zu tun haben.

Dabei lebte dort noch lange Zeit der Bruder des Vaters von Josef Steiner; er war der Kommunistischen Partei beigetreten und musste daher 1948 nicht, wie der überwiegende Teil der Bewohner des Dorfs, die Heimat verlassen. Damals wurden 235 von 283 Familien „ausgesiedelt“. Sie leben heute nicht nur in Deutschland, sondern in allen Erdteilen. In die leerstehenden Wohnungen zogen zum Teil ungarische Familien ein, die aus der („kommunistischen“) Slowakei vertrieben worden waren.

Viele donauschwäbische Häuser verfielen in den Jahren nach der Vertreibung; diesen Anblick wollten sich die Eltern von Josef Steiner nicht antun. Josef selbst hat da kleinere Probleme, aber schließlich hat er auch nicht so lange dort gelebt wie seine Eltern. Aber so gefühlshaft verbunden mit der Heimat der Vorfahren seit dem 18. Jahrhundert ist auch der Josef, und so hat er im Lauf der Jahre die Grabsteine der Großeltern und anderer Verwandter auf dem Friedhof von „Jako“ wieder gerichtet; diese Gedenksteine waren – im Gegensatz zu anderen mittel- und osteuropäischen Ländern – nicht umgeworfen oder „umgewidmet“ worden, sondern standen und stehen auf dem Friedhof des Dorfs.

Die Menschen dort sind heute weit überwiegend Ungarn, aber eine ganze Reihe von ihnen kann Deutsch, unter anderem auch deshalb, weil einige es bei früheren Auslandsreisen oder als Gastarbeiter in der DDR gelernt haben. Es ergibt sich der kuriose Umstand, dass ungarisch sprechende Menschen in den einstigen donauschwäbischen Gemeinden deutsche Volkslieder lernen und zu ihren Melodien tanzen lernen.

Die Familie Steiner kam 1948 zunächst nach Pirna bei Dresden, dann war sie drei Jahre in einem Lager bei Hof / Saale, zwei Wochen in Weingarten und ab 1952 in Untermarchtal. Josef Steiner lernte den Beruf des Malers bei der Firma Fiderer in Munderkingen und war dann 31 Jahre Maschinenführer in der Zellstoff; seit einem Jahr ist er in Rente. 1971 beantragte er erstmals ein Visum für eine Fahrt in die alte Heimat.

50 Jahre „danach“: Treffen mit Besuchern aus aller Welt 1998 („50 Jahre nach der Vertreibung“) und im Jahr 2002 trafen sich „Ausgesiedelte“ auf Initiative der jetzigen Jakoer Gemeindeverwaltung eben dort. Zum ersten Treffen kamen hunderte Jakoer in die alte Heimat, bis aus Kanada und den USA. Josef Steiner hat selbst Adressen für die Einladungsschreiben gesammelt und dem Rathaus von Bakonyjákó zur Verfügung gestellt. Bei dem Begegnungsfest vergangenen August, als ein Erzbischof die Messe las, wurde ein Museum  eingeweiht; die „Deutsche Bühne“ aus Szekszard führte eine Operette auf, regionale Handwerke wurden vorgestellt, unter anderem war dabei: „Zsolt Lampert, Geringeltepeitschenhersteller“.

So sahen früher die Wohn-und Arbeitshäuser in der alten Heimat aus – Josef Steiner besuchte sie jetzt –     Die Kirche des Heimatdorfes in Ungarn, im donauschwäbischen Dorf Bakonyjákó.

31.01.2003 | Mal so, mal so….

GRIESINGEN / EHINGEN (vf) Die Südwestpresse Ehingen berichtet in ihrer gestrigen Ausgabe von der Spendenaktion zum Kauf eines Rollstuhls für einen Griesinger Unfallgeschädigten und davon, dass der Griesinger Bürgermeister diese Spendensammlung anregte. Aber, heißt es nun weiter, die AOK habe nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie die Kosten des Rollstuhls zahle und eine Spendensammlung deshalb nicht nötig sei. Das Engagement des Bürgermeisters als Spendensammlers wird von der SWP als „starkes Stück“ bezeichnet, als „schlicht unseriös“, Spender seien „gefoppt“ worden etc. Der Kommentator schreibt von „Profilierungssucht, Wichtigtuerei“ Bürgermeister Oberdorfers.

Eigenartig berührt da den erinnerungsfähigen Zeitgenossen, in welchem Umfang eben diese SWP Ehingen vor Monaten die Spendersammelaktion durch BM Oberdorfer lobte. Jetzt heißt es hingegen: Alles unnötig. Wir meinen: Die SWP-Redaktion hätte schon damals bei der AOK nach der Begründetheit der Spendenbitten nachfragen können. Dem denkenden Zeitgenossen drängt sich zur Bewertung dieses Zeitungsstils ein alter Spruch auf: „Einmal Hosianna, einmal Kreuziget ihn!“ Bürgermeister Oberdorfer wird heute um 15 Uhr in der Griesinger Halle öffentlich Stellung zu der Veröffentlichung in der SWP Ehingen nehmen. Den ganzen Tag über, so Oberdorfer gegenüber der SZ Ehingen, habe er Sympathiebekundungen erhalten und Äußerungen der Kritik an der „Demontage durch die SWP“.

29.01.2003 | Beschämt, in diesem Krieg Soldat gewesen zu sein

Die SZ veröffentlichte vergangene Woche einen Hinweis auf eine Neuerscheinung: Briefe eines jungen Zwiefalters, der aus dem Russlandfeldzug des Zweiten Weltkriegs nach Hause schrieb.

Dazu nun Gottfried Beck, Mundingen:

Zu dem Bericht „Neuerscheinung – Verlorene Jugend” möchte ich einiges anmerken. Zuerst glaubte ich, nicht richtig zu lesen. Soll hier der Krieg gegen Russland glorifiziert werden, als Kreuzzug gegen das Böse, ein heiliger Krieg? Ein Urteil über diesen furchtbaren Krieg kann ich mir wohl erlauben, da ich drei Jahre an dem schrecklichen Krieg mitgemacht habe. Dies war ein menschenverachtender Krieg. Keine notwendige Reinigung. Der Soldat beschreibt ja selber, dass sie Menschen umgebracht haben, die keine Lebensmittel mehr hatten, eine blutige Ernte! Zynischer kann man es gar nicht beschreiben. Ein Idealist ist das auf keinen Fall, sondern ein unverbesserlicher Ideologe bis zu seinem Tode. Wurde er nicht christlich erzogen? Auf der anderen Seite waren doch auch Menschen, keine Bestien oder Untermenschen. Ich weiß nicht: wurde er von dem Leid, das diesem Volk angetan wurde, nicht ein klein bisschen berührt?

Die Schreckensbilder der Verbrechen kommen bei mir, je älter ich werde, immer mehr in Erinnerung. Ich bekenne mich schuldig und schäme mich für das, was wir diesem Volk angetan haben. Dass dieses Buch ohne Kommentar herausgebracht wurde, finde ich nicht gut!

Gottfried Beck, Mundingen

Anmerkung der Redaktion: Der Verantwortliche der Ehinger SZ ist froh, dass der Mundinger Senior Gottfried Beck sich mit diesem Leserbrief zu Wort meldet. Wir haben den Text über die Neuerscheinung (Briefe eines jungen Zwiefalter Soldaten aus dem Russland-Feldzug) auch deshalb veröffentlicht, weil er zeigt, wie heftig junge Menschen sich für den deutschen Feldzug engagierten, wie einig sie mit dem NS-Rassen-Blödsinn waren. Sehr oft meint man heute, hört man Ehemalige reden: Es habe im Dritten Reich nur Widerständler gegeben; man fragt sich: Wie war das dann alles möglich, was da passierte? – Gut ist es auch, wenn nicht „Jüngere” (wie die Ehinger Blattmacher), die nicht dabei waren, den Älteren die Leviten lesen, sondern wenn das ein Älterer selbst tut, das wirkt sehr viel glaubhafter.                                                                                                                                               Veit Feger

17.01.2003 | Napoleon im Fernsehen und Urkunden-Pflege über drei Generationen

MUNDERKINGEN (vf) – „Leute um 1800″ – kann man sich was Gruftigeres vorstellen? – Ja, man kann! Siehe den aktuellen Napoleon-Film.  Napoleon rauscht derzeit durch die deutschen Fernseh-Stuben; der Mantel der Geschichte weht um Millionen Zuschauer: So ein feiner, schöner Mann, der „nichts als den Frieden will”, so sehr geliebt von schönen (!) Frauen und so bewundert von seinen Soldaten, gar: seinem ganzen Volk!!! Tja, da erinnert man sich gern an Bezüge zu dieser Zeit. Eine Munderkingerin hat einen Urgroßvater, der mit Napoleon nach Russland zog. Man kann es fast nicht glauben, aber es stimmt: Jener Andreas Schmieg aus dem Hohenlohischen machte den Krieg 1813 als junger Mann in einem württembergischen, mit Frankreich alliierten Bataillon mit. Er überstand alle die schrecklichen Dinge wie „russische Armeen”, „russischer Winter”, „Hunger”, „Partisanen”, kehrte zurück und heiratete als sechzigjähriger Mitte des neunzehnten Jahrhunderts zum dritten Mal in seinem Leben; er wurde .noch Erzeuger, jedenfalls wird das so .berichtet. Seine Tochter hörte noch die Erzählungen ihres weitgereisten Vaters gab sie ihrem Sohn weiter und der an seine Tochter, die Mitte der zwanziger Jahre in Murrhardt geborene, seit Ende der 50er Jahre in Munderkingen lebende Irma Greiner.

Die frühere EVS-Beraterin besitzt noch die Urkunde, mit der der württembergische Kriegsminister 1840 jene Männer bedachte, die 28 Jahre zuvor am Russland-Feldzug Napoleons teilgenommen hatten. Keiner dieser Männer, scheint es, schämte sich damals/ an einem Angriffskrieg teilzunehmen, keiner schämte sich, an einem Krieg teilzunehmen, der  hunderttausende Menschen das Leben kostete. Wie meist: Die Geschichte wird von den Überlebenden geschrieben. Und was Napoleon angeht, so will uns jener frische, vierteilige Fernseh-Film aus Frankreich deutlich machen: Kriegerische Welteroberer werden, egal, wie hoch die Opfer sind, von ihrem Volk bewundert, und heute noch eignen sich Männer wie Napoleon zur bewundernden Darstellung durch Angehörige dieser Grande Nation.

Merke: Alles ist paletti, solang der Typ nicht Adolf heißt. Je weniger überleben, desto interessanter sind die Aussagen derer, die doch noch heimkamen. Und so wurden die Erinnerungen des glorreichen Russlandzug-Teilnehmers – zumindest in der Familie Schmieg/Greiner – sorgfältig notiert und weitergegeben.

Ganz selbstverständlich ist so etwas heute nicht mehr. Ob künftige Generationen noch mit den Hinterlassenschaften der Ahnen so respektvoll umgehen, ist fraglich. Aber hier jedenfalls gilt der Glücksfall: Die Kriegsteilnehmer-Urkunde vom Uropa kann im Jahr 2003 in der Ehinger SZ abgedruckt werden, persönlich übergeben von einer Nachfahrin der dritten Generation. Frau Greiner gilt unser herzlicher Dank dafür, dass sie uns das teure Stück zur Kopie überließ und die entsprechenden Daten zum Leben ihrer Vorfahren genannt hat.

Zum Foto: Der württembergische König und sein Kriegsminister ließen sich nicht lumpen. Zumindest eine schön und auf gutem Papier gedruckte Urkunde gab es für jene Männer, die Jahrzehnte zuvor ihre Knochen im Dienst des Landesherren hingehalten hatten und nach Russland gezogen waren.:

12.01.2003 | Vor 25 Jahren – 1978

(vf) – Die SZ setzt ihre Serie „Vor 25 Jahren im Raum Ehingen – in der SZ geblättert” fort.

 Erstaunlich ist der Wandel bei Firmen, bei Geschäften, bei Eigentümern. Im Winter 77/78 werben unter anderen folgenden Firmen in der Ehinger SZ: Autohaus Paul Braun („den Granada zum Schotten-Preis”), Kund & Pilger, Kirchen (Kunststofffenster), Lene und Irmgard Fischer (Schmuck, Lindenstraße), Radio-Bloching (Näh­maschinen und mehr, Obere Hauptstraße), Franz Romer („rostfreie Tafelgeräte”), Rothenbacher („Bernina”, Zweiräder, Lindenstraße), Fenster-Birk (Schönbronnerweg), Spielwaren-Munk (Obere Hauptstraße), Radio-TV-Cremans (Weitzmannstraße), Scham („Marokkanische Berber”-Teppiche, Pfisterstraße), „tv-hifi-elektro Pfeifer”, Sonnenbrauerei Schmiechen, Bau- und Brennstoffe Sprissler, Rottenacker.

Der evangelische Kinderchor Ehingen hat ein Konzert auf Schallplatte pressen lassen; die Platte wird nun um Weihnachten herum für 5 Mark das Stück verkauft. Der Reinerlös  soll einem Indianervolk in Südamerika zufließen. Dessen Überleben ist durch „Landraub bedroht”.

Bei der Mitgliederversammlung der Jungen Union Alb-Donau werden die Abgeordneten Ernst Ludwig (OB von Ulm) und Herbert Werner begrüßt. Bedauert wird, dass die Initiative der (CDU-)Landesregierung zur Schaffung von Arbeitsplätzen keine Wirkung gezeigt habe. –

Auf der Kreisversammlung wird diskutiert über das Für und Wider von Energiequellen. Ein Antrag der JU Allmendingen fordert, zur Stromerzeugung mehr Steinkohle zu verbrennen. MdL Ludwig spricht sich für die Förderung des A t o m Stroms aus. Zudem sei die Kohlen-Verbrennung umweltunfreundlich. Der Kreisverband hat unter anderem einen Diskussionsabend organisiert über die „Christenverfolgung im Ostblock”.

Die Jungkolping-Mädchen Ehingen unter Leitung von Margret Porada haben Geschenke für Kinder eines Kinderheims in Hürbel angefertigt und übergeben. Der Ehinger Lehrer Walter Frei trägt Gedichte von Matthias Claudius vor. Er widmet den Abend dem ältesten Hörer der VHS, dem 91-jährigen Rudolf Eickhoff (Vater des früheren Ehinger Kinderarztes).