31.12.2003 | Jahresrückblick auf 2003

RAUM EHINGEN (vf) – Der Ehinger SZ-Mitarbeiter vf setzt seinen Rückblick aufs Jahr 2003, auf besondere Ereignisse und Diskussionsthemen im Raum Ehingen, fort.

 Tausend Gegenstände für das entstehende Rottenacker Museum sind erfasst. Vor allem der örtliche Albverein hat über Jahre hin Dinge aus der dörflichen Geschichte gesammelt und aufbewahrt. Der aus Rottenacker stammende Historiker und Volkskundler Dukek hat die Gegenstände aufgelistet und beschrieben. – Inzwischen sind Museum und Dorfzentrum eröffnet.

Das Thema „Drittes Reich“ ist noch nicht erschöpft: Auch jetzt, bald sechzig Jahre nach Ende dieser hausgemachten Schreckenszeit, werden noch Ereignisse dokumentiert, die die meisten Zeitgenossen lieber rasch vergessen hätten. Eine Dokumentation der Vergasungen in Grafeneck wird vorgelegt. Unter den vielen hundert
Opfern ist auch ein einstiger Bürstenbinder aus Munderkingen.  „Keine Tante Emma in Frankenhofen“,  titelt die SZ am 30. Januar.. Konsequenz: „Deshalb machen es die Frankenhofener Schüler selbst und führen in ihrer Schule einen kleinen Laden.“ –  „O jegerle“ stöhnt der Ehinger Zeitungsmacher vf: „Jetzt bin ich mit meinem Jahresrückblick gerade am Ende des Monats Januar angelangt und habe schon mehrere „Riemen“ geschrieben.

Jahresrückblick auf 2003 Großraum-Läden

SZ-Mitarbeiter vf setzt seinen Rückblick aufs Jahr 2003 fort..

Auch im Krankenhausbereich glaubt man an die Parole „wachsen oder weichen“. Der Ehinger Krankenhausverwalter schaut sich nach Flächen in der Umgebung seines in den letzten Jahren bereits mächtig gewachsenen „Hauses“ um. Er hat ein Auge auf den Schafmarkt-Sportplatz geworfen, echt: eine schöne große Fläche „vor der Haustür“. Folge-Überlegung: Kriegt die nahe Michel-Buck-Schule dann einen Sportplatz direkt neben ihren Gebäuden, nördlich anschließend (derzeit ein bäuerlicher Baumgarten)? –

Der Krankenhaus-Unternehmer interessierte sich auch für das einstige stattliche Verwaltungsgebäude der Firma Freudigmann westlich des Krankenhaus- und Altenwohnheim-Komplexes und konnte es inzwischen erwerben.

„Größer, größer, größer“, „verkaufen, verkaufen, verkaufen“. Diese modernen Melodien haben wir hier schon einige Male gehört. Auch in Munderkingen sind sie ein Thema. Hörbar werden diese Melodien als öffentliches Thema bei den Gemeinderatssitzungen (Ein Thema unseres Privatlebens sind sie bei der Entscheidung, ob wir in einem der Innenstadtläden einkaufen oder an den Stadtrand zum Aldi-Lidl-ECenter-Skymarkt-Minimal-Schleckerland fahren.) – Eine Entscheidung unterm Stichwort „größer, größer, größer“ stellt sich dem Munderkinger Gemeinderat: mit Plänen für weitere Discounter, in Gewerbegebieten östlich und nördlich der Stadt. Inzwischen sind Aldi und Lidl Munderkingen bereits eröffnet. Weite Welt für unsere Abgeordneten. Heinz Seiffert, CDU, und Hilde Mattheis, SPD, dürfen wie die anderen deutschen Parlamentarier an einer Jubiläumsfeier der deutsch-französischen Freundschaft in Versailles teilnehmen. Die Ehinger SZ befragt sie. Neuer Trend: Solaranlagen auf öffentliche Dächer. Das Thema ist vor allem in Schelklingen und Ehingen aktuell. Einige Firmen planen solche Investitionen; sie versprechen sich davon Einnahmen, vor allem, so lang es Zuschüsse für diese Energiegewinnungsart gibt. Andererseits fragen sich die kommunalen Verantwortlichen: Sollen wir die Dächer unserer Schulen und Hallen für solche privaten Investitionen zur Verfügung stellen?

30.12.2003 | Jahresrückblick auf 2003 „Fairkauf“ schließt

Wir setzen unseren Rückblick auf das zu Ende gehende Jahr fort. Auch mit unserer zweiten Folge bleiben wir noch im ersten Monat des Jahres. Weniger Geld für Soziales. Bereits im Januar wird die Weiterexistenz der Ehinger Firma „Fairkauf“ fraglich. Die Einrichtung soll Menschen helfen, nochmals in der „Ersten“ Arbeitswelt Fuß zu fassen. – Seit Herbst 2003 ist „Fairkauf“ dicht.

Verkaufen, verkaufen, verkaufen. Das kennzeichnet unsere Welt. Im Januar klingt in der Ehinger SZ ein Thema an, das die Zeitungsmacher (dieses Echo der Zustände) das ganze Jahr über beschäftigen wird: Die SZ macht bekannt, dass ein Schemmerhofener Unternehmer, der mit dem Abbau und Transport von Kies reich geworden ist, das Gelände des Autohauses Fischer, dann „Autohaus Ehingen“, an der Fischer-Kreuzung erworben hat. Eine der Absichten des Unternehmers Dünkel lautet: ein Gebäude errichten und an einen Discounter (vielleicht Aldi) gewinnbringend vermieten. Das Autohaus Gelände erweist sich aber für eine solche Nutzung als zu klein. Inzwischen ist der Bauhof der ehemaligen Bauunternehmung Freudigmann einige hundert Meter weiter westlich im Gespräch für eine solche Nutzung: Auch das große Grundstück des Ehinger Stromversorgers Maunz – Guggemos nahe dem Gasthaus „El Greco“ (zuvor „Neues Haus“) kommt während des Jahres 2003 als mögliches „Verkaufspflaster“ ins Gespräch. Jetzt, fast ein Jahr später, scheinen noch nirgendwo „die Würfel gefallen“ zu sein. Aber inzwischen hat das angesehene Unternehmen Freudigmann die Segel gestrichen; seine Maschinen und Immobilien werden nun von dem Schemmerhofener Unternehmer „verwertet“, wie das so schön heißt.

Napoleons Russland-Feldzug der scheint ja nun wirklich lange her zu sein, fast zweihundert Jahre. Ein Fernsehfilm über den französischen Nachrevolutions-Diktator veranlasst eine Munderkingerin, in den Familienakten zu kramen: Sie bringt der SZ eine Urkunde, die ihrem Urgroßvater die Teilnahme an diesem Feldzug bestätigt-das „dankbare württembergische Königshaus“.

Nach Südafrika fliegen acht Frauen und Männer aus Lauterach. Pater Josef König aus Neuburg, früher lange Jahre in Südafrika Missionar und Sozialarbeiter (was die allermeisten Missionare ja sind), wird diese Lauteracher Gruppe begleiten. – Eine Folge dieses Besuchs: Im Sommer kommt ein schwarz-afrikanischer Chor und begeistert hunderte Zuhörer in der Lauteracher Halle.

Konkurrenz im Sozialbereich. Die unternehmerisch tätige „Krankenhaus-GmbH“ des Alb-Donau-Kreises denkt an den Bau von Pflegeheimen. Der Bedarf steigt in den nächsten Jahren an; die sozialen Lasten für die Allgemeinheit, vor allem aber für die ausführenden Landkreise und Kommunen, steigen. Warum also dieses künftigen Kostenfaktor nicht selbst „in die Hand nehmen“. Wolfgang Neumeister von der Krankenhaus-GmbH plant unter anderem den Bau eines Pflegeheims in Schelklingen. Die bisherigen Anbieter solcher Dienste, in unserem Raum vor allem die Caritas, aber auch der Deutsche Orden, sehen in solchen Plänen eine Bedrohung ihres Aufgaben- und Einnahmenfeldes. Jetzt, zum Ende des Jahres 2003, erhofft man sich in Schelklingen vom Neubau eines solchen Pflegeheims mitten in der Stadt eine Verbesserung jener „Personalsituation“, wie sie derzeit im Altenheim „St. Ulrich“ besteht.

– Bei einem der ersten großen Fastnachtsumzüge des Jahres zeigt sich der Schelklinger Schultes souverän in Skifahrer-Ausrüstung als „Talfahrer“.

  Raubüberfall. Kriminelles und Verkehrsunfälle übergehen wir in diesem Rückblick weitgehend. Sie kommen sowieso jahraus, jahrein vor. Damit’ s aber nicht so aussieht, als gäbe es .sie nicht, erwähnen wir einen „Raubüberfall auf eine Ehinger Spielhalle im Januar“. Die Überfaller machen einige hundert Euro Beute. – Verglichen mit dem, was in großen Städten abgeht, können wir im Raum Ehingen sagen: „noch Gold“.

„Windräder sollen Geld bringen“. Diese Hoffnung macht man sich in manchen Rathäusern, auch: in Rottenacker. Ersteller-Firmen sollen zahlen, dafür, dass sie auf der Markung einen solchen Stromerzeuger aufstellen dürfen. Der Weg bis zu dieser „Sonderkonjunktur für Gemeindekassen“ ist aber doch weit. Überall gibt es Widerstände von Anliegern gegen die Rad-Pläne. Bei Rottenacker steht noch keines der schon lang projektierten Räder, ebenfalls nicht bei Ennahofen. Aus dem Geld, das man im Rathaus Rottenacker für den Bau von Wegen vorsah, ist also bisher nichts geworden. – Inzwischen werden wohl noch weitere Rad-Pläne Makulatur. Diese Woche nämlich erklärte die Bundesregierung ihre Absicht, Rad-Bauten in wenig windträchtigen Gebieten nicht mehr wie bisher zu fördern.

19.12.2003 | Jahresrückblick 2003 (weitere Folge) – Ein Anlauf

(vf) In den Buchläden liegen schon Anfang Dezember die Jahresrückblick Ausgaben großer deutscher Zeitschriften. Da darf sich auch vf vor dem „31.“,aber doch näher dran als der „Spiegel“, erlauben, Rückblick zu halten. Eine solche Nachrichten-Auswahl ist subjektiv. – Ob vf den Atem hat, neben dem Alltagsgeschäft bis zum Jahresende 2003 zu blicken, das weiß er in diesem Augenblick auch noch nicht. – Er weiß leider auch nicht ob dieser Rückblick gelesen wird.

International. Wie immer freut sich Zeitungsmacher vf, wenn er den Bogen von der „Provinz“ zur weiten Wert schlagen kann. Das gelingt gleich zu Beginn des damals neuen Jahres 2003: Die SZ unterhält sich mit einer Allmendingerin, die in Cincinnati / USA studiert. – Der Ringinger Diakon Karl. Geiger erhält Besuch von einer madagassischen Lehrerin und Ordensfrau, deren Schule er seit Jahren unterstützt. -International ist auch der Besuch eines Munderkinger Fußballjugendturniers während der Weihnachtsferien. – Die Munderkingenerin Sabine Springer lebt seit zwölf Jahren in Irland. Die Biologin wird Künstlerin und stellt in der Uigendorfer Galerie von Dorothea Schrade aus. Internationalismus nicht nur in Religion. Sport und Kunst, sondern auch bei den Narren: Die Ehinger Dämonen-Schalmeien sind zu einem Auftritt in Salzburg eingeladen, treten auf – und kriegen eine Einladung nach Köln.

Sturm-Katastrophe. – Das neue Jahr 2003 1äß sich nicht gut an: Ein Wirbelsturm deckte in Pfraunstetten zahlreiche Dächer ab und richtete auch sonst viel Schaden an. Bis zu diesem Ereignis gab es im Raum Ehingen an Umweltkatastrophen die Überschwemmungen im Donautal. Sturmschäden wurden bis dahin fast nur in den Wäldern verzeichnet, nun. an diesem frühen Januartag auch auf dem Allmendinger Hochstraß. – Die Pfraunstetter geben in der Folge ein Beispiel für Sich-selber-helfen. für Sich-am-Riemen-Reißen, für Anpacken und auch: für Nachbarschaftshilfe. Dabei leben in der kleinen Gemeinde keine reichen Leute. – Nach dem Orkan bot das Dorf einen schlimmen Anblick. Heute sieht es fast schöner aus als zuvor.

Schwerter zu Pflugscharen. Das ist ein Pazifisten-Traum. Manchmal führt auch Geldmangel zur Verwirklichung solcher Träume. Militär – das ist in einem Industriestaat ein teurer „Job“. Die Folgen sind auch am Raumes Ehingen ablesbar. An einem Dauerthema das Jahr über- und sicher auch anno 2004 und -05; es geht um die „Zukunft“ des Truppenübungsplatzes Münsingen. Im Januar 2003 wird öffentlich gefordert: „Erklärt das Gelände zum Naturschutzgebiet Im übrigen „verrückte Weh*: Der Bund will Geld sparen und schließt den Übungsplatz. Die Stadt Münsingen will nun Zuschüsse vom Staat, weil sie durch den Abzug der Soldaten und die Schließung des Übungsplatzes Kaufkraftverliert.

Gute Tat – Die „Arzneibrücke Ehingen – Kinshasa“ ist seit vielen Jahren eine leise und höchst sinnvolle und effektive Hilfseinrichtung. Die Zahl der Spenden, mit denen Medikamente erworben und verschickt werden, geht zurück. Aber ein testamentarisch festgelegtes Erbe hilft den Organisatoren, mehr als je zuvor Medikamente in das ‘afrikanische Armenhaus“ im Ost-Kongo zu schicken!“

Konkurrenz unter Krankenhäusern. Derlei hätte man sich früher schwer vorstellen können. Aber in Zeiten knapper Gelder nimmt auch der Wettbewerb unter den Hilfe-Anbietern zu. Das Ehinger Krankenhaus schafft es, schwangere Frauen auch außerhalb des Raums Ehingen zu finden, die ausgerechnet im Ehinger Haus „niederkommen“ wollen.

Waffensammler. Polizeibeamte finden bei einem Mann in Hütten unerlaubte Waffen. Der Mann war früher schon mal mit einem Panzer bei seinem Hausaufgefallen. Der Ehinger SZ wollte er es damals. Mitte der 80er-Jahre, austreiben, darüber zu berichten, und schickte deren Bericht an den Deutschen Presserat. Dieser bestätigte d* Ehinger SZ-Arbert a*S einwandfrei.

Irak-Krieg und Ehingen. Januar 2003. Noch ist Saddam Hussein an der Macht. Jetzt Ende des Jahres, ist er gefasst worden. Die weltpolitische Lage im Vorfeld des Irak-Kriegs wird sogar im weit entfernten, kleinen Ehingen spürbar. Bei Liebherr würde man gern weitere Super-Sonnenschirme für Mekka bauen; jeder ist einige Millionen Euro wert Aber die Saudis, die Schirmherren der zentralen islamischen Wallfahrtsstätte, haben den Auftrag vorerst mal storniert. –  Der Konflikt Irak – USA verdrängt andere Problem-Felder aus dem öffentlichen Bewusstsein und fast auch aus den Medien. Da unterhält sich die Ehinger SZ mit einem Öpfinger, der in der europäischen Krisenregion Kosovo als  Heeresflieger stationiert ist.

10.12.2003 | Was wird aus der Kaufmannszunft?

EHINGEN (vf)-Kaum jemand weiß das noch: In Ehingen gibt es eine „Kaufmannszunft“. Sie hat einen kleinen Besitz in Form eines Sparbuchs. Was soll damit geschehen? fragt der Ehinger Kaufmannssohn und Steuerberater Gerhard Bechler. – Er lädt zu einer Versammlung zu diesem Thema Mitte Januar ein. Gerhard Bechler erhielt Ende der Siebziger Jahre von Friseurmeister Franz Rederer nach dessen Umzug nach München einen Leitzordner mit den Unterlagen der „Zunft der Kaufleute“, dazu ein Sparbuch, von dessen Zinsen jährlich ein Gottesdienst, der „Zunftjahrtag“ der Kaufleute am Samstag nach Fronleichnam bezahlt wurde. Das Bankguthaben existiert noch, es existiert auch noch eine Liste der einstigen Beitragszahler, 45 Personen: eine kleine Handelsgeschichte von Ehingen. Da zahlte damals der Sattler Ege in der Unteren Stadt seine zwei Mark Jahresbeitrag so gut wie Molkereifachmann Peter Albers, Bettenreiniger Gudden, Modekaufmann Theo Hohenadel, Elektro-Fachmann Pfeifer, etc. etc. Gerhard Bechler, dessen Eltern einst einen Lebensmittel- und Kolonialwarenhandel neben der inzwischen auch verschwundenen Löwenapotheke betrieben, kennt zwanzig Personen dieser Inkassoliste heute in Ehingen.

Für Bechler (und für alle, die sich noch sonst der alten Kaufmannszunft annehmen wollen) stellt sich beispielsweise die Frage: „Was geschieht mit den 415 Euro auf dem Voba-Sparbuch?“. Bechler kann sich vorstellen, dass jemand erneut den Zunft-Leichnam zum Leben erweckt oder aber, so seine Empfehlung: das Sparbuch der kath. Kirchengemeinde übergibt zur Finanzierung von Messen am Zunftjahr – Aber, so gibt G. Bechler gleich zu bedenken: „Wenn niemand hingeht,
warum dann ein Mess-Stipendium? Heuer war eine einzige Familie beim Gottesdienst.“ – Wenn man die 415 Euro der Kirchengemeinde spendet, so könnte man auch, so Bechlers Empfehlung, die Zunft-Akten dem Stadtarchiv übergeben.

Beraten und beschließen soll nun eine „Zunftversammlung“ am 14. Januar im „Schwanen“, zu der Bechler hiermit einlädt. 1954 war noch etwas mehr los in der Zunft: Damals lud Kaufmann Weinmann seine „lieben Kollegen“ ein, an der Fronleichnamsprozession teilzunehmen („7 Uhr levitiertes Hochamt auf dem Marktplatz“, dann Frühschoppen in der Krone.“) An einem der benachbarten Samstage war bereits morgens um 6.30 (!) Uhr Zunftjahrtag in der Liebfrauenkirche. – Aus der Liste von 1964 seien noch einige weitere Mitglieder genannt. Buchbinder und Schreibwarenhändler Röttgers, Sonnengasse; Zeitungsverleger Ludwig Feger (für ihn unterschrieb seine Frau), Haushaltwaren Greiner (Winnemöller), Bekleidung Siessegger, Zeitschriften und Zigaretten Zeiller, Weinhaus Denkinger, Lebensmittel Jakob, Raumausstatter Merkle, Lederwaren Baum, Friseur Schaupp, Raumausstatter Horn, Buchhändler König, Mode Kaim, Reformhaus Jakob, Schuh-Schlecker.

23.11.2003 | Drei Jahre Zahnarzt im westlichsten Brasilien

EHINGEN (vf) – Wer Manager werden will, von dem erwartet man heute eine zeitweise Auslandtätigkeit. Es schadet sicher auch nicht, wenn man als angehender Zahnarzt seinen Beruf zeitweilig unter anderen Umständen als den unseren ausgeübt hat. Der Ehinger Guido Stiehle, bald dreißig Jahre alt, hat einige Jahre als Zahnarzt in einer Stadt im äußersten Westen Brasiliens gearbeitet. Seit Sommer ist er zurück und arbeitet in der väterlichen Praxis in Ehingen mit. Auf gewissermaßen persönliche Art hat Guido Stiehle den Kontakt zu seinem Auslandsaufenthalt beibehalten: In Brasilien lernte er seine spätere Frau kennen; sie kam im Sommer mit ihm nach Deutschland und nach Ehingen. Guido Stiehles Arbeitsort in Brasilien hatte sich eher zufällig ergeben. Nach dem Abitur 1993 in Ehingen, nach Bundeswehrzeit und Studium unterbrach G. Stiehle die eher beschauliche Ausbildung zum Zahnarzt mit einem mehrmonatigen Praktikum in einer kleinen Klinik des Spiritaner-Ordens in Cruzeiro do Sul im westlichsten Brasilien, nahe der Grenze zu Kolumbien – viertausenddreihundert Autokilometer von der brasilianischen Metropole Sao Paulo entfernt. – Die Betonung liegt auf „Auto(! J-Kilometer“: In der Regenzeit geht „mit Auto“ nichts mehr, weil die letzten fünfhundert Kilometer der Strecke nur noch Lehmweg sind; da bleibt dann nur der Flieger oder aber – wesentlich langsamer – das Schiff, das von der Millionenstadt Manaus am Amazonas bis nach Cruzeiro zwanzig Tage benötigt.

Der Orden der Spiritaner (bei uns herum kaum bekannt, mit deutschem Sitz in Dormagen / Rheinland) unterhält in Cruzeiro eine kleine Klinik. Befreundete Ärzte warben bei bundesdeutschen Studenten für eine zeitweise Hilfstätigkeit in dieser Klinik. Für einige Monate des Jahres 1999 mitzuhelfen, dazu war Guido Stiehle gegen Unterkunft, Verpflegung und ein Mini-Salär bereit. Nach der Rückkehr in die Bundesrepublik schloss er im Jahr 2000sein Studium ab-und nichts wie zurück nach Cruzeiro, bis Sommer 2003 – aus privaten Gründen. – Das Ambulatorium in Cruzeiro wurde Anfang der 90er Jahre von deutschen Zahn- und Augenärzten, Unterstützern des Spiritaner-Ordens, gegründet. Immer wieder kommen deutsche Ärzte für einige Wochen nach Cruzeiro und helfen in der medizinischen Station, teils auch in abgelegenen Außenstellen. Ein Kollege Stiehles, aus den neuen Ländern, hat sich jetzt dort sogar heimisch niedergelassen.

Der Vater von Guidos Freundin und späterer Frau arbeitete im Urwald als Kautschuk-Gummizapfer (bis großflächige Kautschuk-Plantagen in Indonesien die schwere Arbeit im brasilianischen Urwald unrentabel machten). Der Vater von Josette Stiehle hatte – obwohl aus dem Nordosten Brasiliens stammend – schon frühzeitig Kontakt mit den Ureinwohnern des Amazonaswaldes gewonnen, er hat sich das Vertrauen dieser Menschen erworben und von ihnen Medizin-Kenntnisse mitgeteilt bekommen; er hat einiges an seinen deutschen Schwiegersohn weitergegeben, der sich daraufhin selbst mit solchen alternativen Heilverfahren befasste, einiges interessant, ja wirksam findet und an sich selbst anwendet: Wenn man ihn davon erzählen hört, gewinnt man den Eindruck, dass er das aus Interesse tut und dass er kein fanatischer Adept einer Geheimlehre ist. Die Welt kann bekanntlich klein und rund sein: die Ehinger Krankengymnastin Brigitte Scheins arbeitete vor Jahrzehnten als ganz junge Frau einige Zeit in Cruzeiro do Sul. Damals war das noch ein kleines Nest; heute hat es 60.000 Einwohner – und heute hilft Brigitte Scheins in Ehingen Frau Josette Stiehle beim Deutsch-Lernen.

18.11.2003 | Filmaufnahmen: Alemannen auf der Schwäbischen Alb

INGSTETTEN / FREIBURG / STUTTGART (vf) – Am kommenden Freitagnachmittag werden bei Ingstetten Aufnahmen für einen Fernsehkurzfilm gedreht; gesendet wird der vollständige Film am 17. Januar, in der um 19.15 Uhr beginnenden SWR-Reihe „Land und Leute“. – Verwendet werden am Freitag für die Aufnahmen drei Pferde des Reiterhofs „Plenkitten“ (Annette Schmarke und Karl-Heinz Kappelmann). Die Archäologin Dr. Tamara Spitzing ist verantwortlich für diesen Kurzfilm. Sie kennt Schelklingen und sie kannte auch bereits den Reiterhof Plenkitten, weil sie vor zwei Jahren Aufnahmen für einen Film über den Fund einer steinzeitlichen Figur im Hohlen Felsen gemacht hat, Aufnahmen zu einem Film über den sogenannten Löwenmenschen, ein Knochenfigürchen, das als Mixtur aus Mensch und Löwe gedeutet wird. Für den Film hat Spitzing übrigens inzwischen einen Sachfilmpreis der Universität Kiel erhalten.

Die jetzt anstehenden Aufnahmen gehören zur Illustration eines Films über die Waffen-, insbesondere Schmiedetechnik der Alemannen. Diese Schmiedetechnik, so wurde erst vor kurzem herausgefunden, war weit entwickelter, als man bisher annahm. Erkannt wurde das auf einem kuriosen Weg: Ein deutscher Forscher wusste, dass in Japan noch immer die Kunst der Politur, des „Damaszierens“, geübt wird und ließ ein in Süddeutschland gefundenes Alemannen-Schwert in Japan polieren. An einem polierten geschmiedeten Teil kann man einiges erkennen, was mit anderen Untersuchungsverfahren, auch so modernen wie etwa der durch besonders kurzwellige Strahlen, nicht gelingt. Und so kam man also darauf, dass unsere Grufties vor gut anderthalb Jahrtausenden eben weiter waren als bisher angenommen.

Die für die filmische Illustration nötigen Alemannen werden in Ingstetten von drei Männern aus Nordhessen gemimt. Sie gehören zu einer Gruppe von Altertums-Freaks (vielleicht so etwas wie die Mittelalter Gruppe aus Schelklingen), nur haben sich die Hessen auf noch etwas urigere Zeiten und Typen kapriziert. Die Gruppe „Ulfhednar“ achtet auf geschichtliche Treue beider Materialien, die sie verwendet, deshalb habe sie sich auch für sie entschieden, erzählte uns Dr. Spitzing gestern früh am Telefon. Und die Schelklinger erfahren jetzt (falls sie es nicht schon längst wüsten), wie sie sich schnieke und trendy nennen können, nämlich „Re-Enactment-Gruppe“, so steht’s im Schelklinger Gemeindeblatt. „Klingt doch gut, odr it?!“ meint vf. Die Filmemacherin Spitzing ist Jahrgang 57 und hat an der Uni Freiburg im Fach Archäologie mit einer Arbeit über einen römischen Gutshof in Lauffen am Neckar den Doktorhut erworben. Sie ist schon lange journalistisch tätig, vor allem mittels Fernsehfilmen. Sehr erfreut ist sie, dass dieses Jahr in der Serie „Terra X“ ein Film von ihr über das altgriechische Orakel Ort Delphi gesendet wurde. – In ihrer Homepage im Internet erzählt sie von sich, dass sie aus Hamburg stammt, seit über 25 Jahren in Freiburg lebt, dass sie von ihren Eltern den unbedingten Glauben mitbekam, man könne auch als Freiberufler gut durchs Leben kommen, zumal wenn der „Vater Schriftsteller, der Bruder Musiker“ und die Oma „Tänzerin und Ballettlehrerin“ war.

15.11.2003 | Geklautes Werkzeug per Internet verkauft

ALLMENDINGEN (vf) – Beim größten Arbeitgeber am Ort wurde ein übler Unterschleif festgestellt: Ein seit 16 Jahren hier beschäftigter Zerspanungsmechaniker aus einer Gemeinde bei Ehingen hatte über einen längeren Zeitraum hin Werkzeuge gestohlen; seine Lebensgefährtin bot sie im Internet zum Kauf an. Der Sachschaden wurde von der Firmenleitung auf einige tausend Euro beziffert.

Dem derzeitigen Geschäftsführer Karl-Hugo Schick fiel ein unverhältnismäßig hoher Werkzeugverbrauch auf. Man ging der Sache nach. Inzwischen ist der Fall der Polizei gemeldet; der Mann muss mit einem Strafverfahren rechnen. Firmensenior Bruno Schick betonte, dass der – nun frühere – Mitarbeiter in der Firma ausgebildet wurde, vergangenes Jahr für seine lange einwandfreie Betriebszugehörigkeit geehrt wurde, sehr gut verdiente, den Diebstahl „wirklich nicht nötigt gehabt hätte“. Nachdem der Vorfall aufgekommen war, wollte der Mann gern seinen Arbeitsplatz bei Burgmaier behalten; seitens der Firmenleitung wurde ihm mitgeteilt, dass es im Haus einer denkbar schlechten Eindruck machen würde, wenn ein Dieb weiter beschäftigt wird; andererseits seien Leute mit seiner Qualifikation derzeit noch immer überall gesucht.

14.11.2003 | Ein Chopin der leisen Töne

ÖPFINGEN / MUNDERKINGEN (vf) – Von Wolfgang Weller liegt jetzt die CD-Version eines Chopin Klavierabends aus dem Jahr 1999 vor. Das Konzert am 9.11. 99 im Rathaussaal Munderkingen wurde mitgeschnitten. Verlegt wurde die CD bei „Reata Label“ Öpfingen, Fax 07391 / 75152. Der Gründer und Leiter von „Reata“ ist der in Öpfingen wohnende Gitarre Lehrer Oliver Woog.

Das Programm des Chopin Abend: eine Nocturne, eine Mazurka, eine Polonaise, ein Prélude, ein Impromptu, eine Ballade, drei Etüden, „Souvenir de Paganini“ (auf Deutsch etwa: In Erinnerung an P.) und als Schluss das Schlaflied „Berceuse“ op. 50, das ist alles in allem eine ganze Menge.

Wolfgang Weller ist der Meinung, dass Konzertmitschnitte der Einspielung im Studio vorzuziehen seien, weil sie ein Element des Spontanen eher behalten.

Gewiss kann man sich ein besseres Instrument als den Munderkinger Rathausflügel vorstellen, aber Weller schafft es, insbesondere in den leiseren Kompositionen, mit dessen Mängeln klarzukommen.

Wolfgang Weller ist ein Prophet der ruhigen Tempi („tempo giusto“). – Propheten verkünden gern das, was ihnen innerlich näher liegt, ob das nun Katastrophen oder Paradiese sind. Für den CD-Hörer vf entfaltet sich Wellers Musikalität schöner bei den langsameren oder langsamer nehmbaren Kompositionen Chopins. Und das ist auch die weit überwiegende Zahl der Stücke jenes Novemberabends im Jahr 1999.

Mit seiner bekennenden Liebe zu langsameren Tempi, mit der Betonung des „musischen statt des sportiven Elements“ (so das CD-Begleitheft) spricht Wolfgang Weller dem Verfasser dieses CD-Hinweises aus dem Herzen. Der Wert der „Langsamkeit“ wird heute – in einer Zeit noch immer anhaltender Beschleunigungen -von einigen Zeitgenossen mehr als bisher für wert-und sinnhaft gehalten.

Bei einem gemäßigteren Tempo hat man Zeit zum Zuhören, um sich versenken, auch gar, etwas abzuschweifen und dann doch noch den „Anschluss zu kriegen“. Selbst ein Klavier-Fortissimo mit drei „f“ kann nie mit einem Orchester und schon gar nicht mit einem modernen Beschallungsgerät konkurrieren. So wie die Langsamkeit für viele noch zu entdecken ist, so auch die leisen Töne. Pianisten sind heute durch den Vergleich mit anderen Schallerzeugungsgeräten-immer auf der leiseren Seite; man denke nur mal, mit welchen Schall-Wellen uns selbst der Fernseher täglich bewirft (und wie wenigen Zeitgenossen das auffällt). Klaviermusikhören ist heute also kurioserweise fast ein Training in Stille. Freuen wir uns, dass wir hier im Raum Ehingen einen oder einige wenige haben, die diesem Kult der Frau Muse namens „Leise Töne“ huldigen – ein bisschen Kult darf sein.

14.11.2003 | Vier Frauen möchten Theater spielen

NASGENSTADT (vf) – Die örtliche Theatergruppe um Autor und Regisseur Klaus Glatthaar hat mit ihrem „Casting” Glück: Immerhin vier Frauen sind interessiert, an der nächsten Inszenierung der Theatergruppe mitzuwirken; im Januar soll Premiere sein.

Zwei Frauenrollen sind noch zu besetzen. Für sie suchte die Theatergruppe per Zeitungsinserat Frauen, die bereit sind, sich der Mühe des Textlernens und des abendlichen Schauspielerns zu unterziehen. Vier Frauen meldeten sich, zwei mehr als unbedingt nötig. Die Nasgenstadter sind also nun in der glücklichen Lage, ein bisschen wählen zu dürfen. Das wird am kommenden Wochenende der Fall sein, in kleiner, gemütlicher Runde.

Klar, dass vorher keine Namen verraten werden, schließlich mag niemand gern als der unterliegende erscheinen. Andererseits brauchen Laientheatergruppen immer wieder mal „frisches Blut” – und vielleicht sind die Akteure um Klaus Glatthaar auch noch in kommenden Jahren an den jetzt noch nicht erwählten „Funden” froh.

Manche Leser des Casting-Aufrufs in der Tageszeitung (auch vf) kamen auf den Gedanken, die Theaterer möchten den Auswahlvorgang zu einem öffentlichen machen (wie das heute ja bei Schönheitswettbewerben das übliche ist) und dergestalt solche Wettbewerbe etwas auf die Schippe nehmen (was ja nicht schwer fällt). Aber: „Stimmt nicht.” Die Auswahl findet im kleinen Kreis der Schauspieler statt. Die müssen ja auch nachher mit irren neuen Kolleginnen im Proben und Aufführungsalltag klarkommen. In dem Theaterstück geht es um die Emanzipation des weiblichen Geschlechts. Weil man Stücke des Nasgenstadter Autors kennt, darf man annehmen, dass das Ganze nicht zum Trauerspiel gerät – mmh – nicht die Emanzipation (die vielleicht ab und zu auch), sondern das Theaterstück.