25.08.2001 | Spanischsprachige Biographie von Bruder Johannes Stiehle

DÄCHINGEN / CUENCA (vf) – Die südamerikanische Mitarbeiterin der Stiehle-Fördergemeinschaft, Rosa Dunia, ist derzeit in Dächingen zu Besuch. Sie hat einige der achthundert Exemplare eines aktuell in Cuenca erschienenen neuen Buchs über Johann Baptist Stiehle (1829 – 1899) mitgebracht. Das Buch wurde von zwei Mitgliedern jenes Ordens verfasst, dem auch der Ordensbruder und Bau-Fachmann J. B. Stiehle angehörte: Pater Nestor und Pater Manuel Rivera, zwei Brüder, haben ein Testimonio“, ein Zeugnis (im Sinn von Bezeugung) der Arbeit und des heiligmäßigen Lebens von „Hermano Juan Bautista Stiehle Redentorista“ verfasst und in Cuenca drucken lassen. Die Drucklegung wurde von der Stiehle-Fördergemeinschaft finanziell unterstützt.

Pater Nestor aus Cuenca hat schon vor längerem eine Geschichte des Redemptoristen Ordens im 19. und 20. Jahrhundert in Ecuador verfasst; er war auch vor zwei Jahren längere Zeit in Dächingen, um sich mit Lebenszeugnissen des Ordensmitglieds J. B. Stiehle vertrauter zu machen; er hat in Ordensniederlassungen und -archiven in Frankreich und Italien auf den Spuren Stiehles geforscht, einiges bis dato nicht Bekannte zu Tage gefördert und in dem jetzt vorliegenden Buch festgehalten.

Für die Lebensbeschreibung konnten die beiden Patres auf deutschsprachige Zeitungs- und Buch Veröffentlichungen über Stiehle zurückgreifen und vor allem auf die vielen Briefe Stiehles an seine oberschwäbischen Verwandten. Die in Trailfingen bei Münsingen ein Übersetzungsbüro betreibende gebürtige Spanierin Carmen Krüger hat die vielen Briefe Stiehles, die aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts überkommen sind, aus der bisher mehrheitlich handschrift­lichen Übertragung Franz Holzmanns mit dem Computer erfasst und ins Spanische übersetzt. Diese Briefe sind also jetzt auch in elektronischer Form archiviert, sie können ausgedruckt und insbesondere als Buch gedruckt werden.

Wie in der Ehinger Schwäbischen Zeitung schon früher dargelegt, ist es erstaunlich, wie viele Stiehle-Briefe aus dem lothringischen Kloster Teterchen und aus Cuenca/Ecuador in oberschwäbischen Bauernhäusern aufbewahrt wurden, über ein Jahrhundert und länger – bis sich der Dächinger Franz Holzmann zu Beginn der 80er Jahre auf die systemati­sche Suche nach diesen Briefen machte, sie zusammentrug, ordnete und sie aus der altertümlichen Schreibweise und der meist winzig kleinen Handschrift Stiehles in unsere heutige Schreibschrift übertrug.

Wertere Briefe aus dem 19. Jahrhundert „aufgetaucht“

Erst in letzter Zeit wurden zwei weitere Briefe Stiehles „entdeckt“: Einer war in einem Haus in Schussenried aufbewahrt worden. Ein weiterer befand sich im Nachlass einer verstorbenen Dächingerin. Im einen der beiden Briefe schildert Bruder Johannes den oberschwäbischen Verwandten seine Reise an die französische Westküste zum Atlantikhafen Saint Nazaire nahe der Loire-Mündung, von wo aus sich Stiehle in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts nach Südamerika einschiffte. Zum zeitgeschichtlichen Hintergrund dieser Reise ohne Wiederkehr: Die kulturkämpferische deutsche Reichsregierung hatte nach dem siegreichen Krieg gegen Frankreich 1870/71 die meisten Orden aus den eroberten Gebieten Elsass und Lothringen verjagt; in Teterchen/Lothringen hatte Bruder Johannes bis dahin in einer Ordensniederlassung gelebt und gearbeitet; einer der Staaten, die damals Redemptoristen aufnahmen, war Ecuador, und so kam es, dass in der Folge zahlreiche Mitglieder des Ordens von Frankreich nach Südamerika auswanderten. Der andere der beiden hier erwähnten „neuen“ Briefe ähnelt bereits bekannten: Dem Ordensmann war der jähe Tod eines Verwandten mitgeteilt worden; Bruder Johannes versuchte zu trösten.

Die 150-seitige Neuerscheinung in spanischer Sprache ist reichlich bebildert, mit Fotos von Bauwerken, die Bruder Stiehle geplant hat (bekanntlich nicht nur Kirchen, sondern auch Brücken und weltliche Gebäude). Das Buch enthält Fotos vom Inneren der Pfarrkirche Altsteußlingen und von dem Taufbecken, mit dessen Wasser wahrscheinlich Stiehle getauft wurde, und ein Foto des Elternhauses von Tiberius Stiehle in Untermarchtal.

Die Neuerscheinung erhält auch die ins Spanische übersetzte Erinnerung der Reutener Franziskanerin Sodalis Holzmann, einer Tante von Franz Holzmann, die 92 Jahre alt wurde und im hohen Alter ihrem Neffen erzählte, was sich in mündlicher Überlieferung innerhalb der Stiehle-Sippe an Erinnerungen über Bruder Johannes erhalten hatte.

Die Absicht der Autoren war eine traditionell religiöse: ein Vorbild christlichen Lebens vorzustellen und zu würdigen. So heißt es im Vorwort unter anderem über Bruder Johannes: Die vielen schmerzhaften Krankheiten, die den fragilen Organismus (Stiehles sc.) bedrückten, die tägliche Arbeit unter schwierigen Bedingungen, die genaue und heldenhafte Erfüllung der Pflichten eines Ordensmannes, die tief empfundene Trennung von seiner Familie machten aus seinem Leben ein beständiges Opfer, ja ein echtes Martyrium. Zitiert wird in der Einleitung auch die im Ordensregister 1899 lateinisch festgehaltene Nachricht vom Tod Stiehles, mit dem würdigenden Satz: Hominum memoria perit cum sonitu; sanctorum memoria in aeternum manet. – Das Gedächtnis unter Mensehen verklingt wie ein Ton, das Gedächtnis der Heiligen bleibet in Ewigkeit. Auf einen längeren Zeitraum betrachtet, möchte das Buch der beiden Cuencaner Patres sicher ein Beitrag zur offiziellen, Würdigung Stiehles durch die katholische Kirche sein.

15.08.2001 | Test auf dem Bodensee und in Ochsenhausen

EHINGEN (vf) – Am Sonntag beginnt auf dem Marktplatz das erste „Ehinger City Filmfestival“. Veranstalter sind Firmen der Innenstadt und die Stadt Ehingen. Das Vorführgerät, die Beschallungsanlage, die Leinwand und die Stühle liefert der Ehinger Kinobetreiber Torsten Bennewitz.

Er verfügt bereits über einige Erfahrung in Sachen „Open-Air-Kino“. So hat er vor einigen Wochen zwei Tage lang mit seinem Gerät auf einem Bodensee-Schiff Filme gezeigt, und am heutigen Mittwoch geht in Ochsenhausen eine große Open-Air-Veranstaltungsreihe zu Ende. – Von Friedrichshafen aus war Bennewitz mit seinem Vorführgerät auf der modernen Fähre „Euregia“ im Auftrag eines Ravensburger Kino-Betreibers zwei Tage lang unterwegs. Welchen Film zeigte Bennewitz? „Natürlich‚ Titanic‘ “.

Die Ochsenhauser Veranstaltungsreihe dauerte vom 1. bis 15. August. Es hätten drei Tage weniger sein sollen, aber an drei Tagen goss es, und nun werden die ausgefallenen Termine zu Beginn dieser Woche hinten angehängt. Es hätten die Hits der Reihe werden sollen: „Chocolat“, „Pearl Harbor“ und heute Abend „Der Schuh des Manitu“, der auch im Ehinger Kino zu sehen ist. Aufführungsort war das Freigelände neben dem einstigen Fruchtkasten-Gebäude des Klosters. Drinnen werden derzeit Metallarbeiten des Rottweilers Erich Hauser gezeigt: Zwei seiner glänzenden Riesendinger stehen im Freigelände und damit im Bereich der Filmvorführer. Sie mussten eigens gegen Beschädigung versichert werden. (Beiläufig: Eine kleinere Ausfertigung ä la Hauser steht auf dem Ehinger Lindenplatz). – Bewirtet wurden die Ochsenhausener Open-Air-Besucher von einem örtlichen Gastwirt. Der schlechteste Besuchstag während der zwei Wochen sah 80 Besucher (bei acht Grad im Freien); beim besten Termin wurden fast alle sechshundert aufgestellten Bennewitz-Stühle besetzt. Für den in Ehingen tätigen Kino-Chef und den Ochsenhausener Gastronomen steht fest:

Bild: Bauhofmitarbeiter der Stadt haben damit begonnen, für das Filmfestival auf dem Rathausplatz die Bühne aufzubauen. Vor der Rathausfassade wird eine Filmprojektionswand aufgestellt. Der Marktplatz wird zum Rathausplatz hin bestuhlt, dahinter werden Kirbehütten stehen. An den Filmfesttagen wird bewirtet. Unser Bild zeigt Arbeiter an einem Gestell für das Podium. Foto: Oppermann

Nächstes Jahr machen sie wieder so was. Wobei zu berücksichtigen ist, dass es in Ochsenhausen sonst kein Kino gibt. Vergangenes Jahr veranstaltete Bennewitz erstmals eine solche Film-Reihe, damals mit beachtlichen 3.000 Besuchern.

In Ehingen wird Bennewitz seinen Wagen mit Vorführgerät mitten auf den Marktplatz stellen; die 12 auf 6 Meter große Leinwand kommt dann vors Rathaus.

Auch in Ehingen wird bekanntlich bewirtet. Wenn die Ehinger „Session“ vorbei ist, werden Gerät und Stühle nach Laupheim transportiert, wo der dortige Kinobetreiber sich ebenfalls an einem „open air“ versuchen will.

► Nachgefragt. – Der in Biberach wohnende, in Ehingen tätige Kinobetreiber Torsten Bennewitz stellt für das Filmfestival in Ehingen die Geräte.

SZ: Versprechen Sie sich etwas von einer solchen Veranstaltung wie in Ochsenhausen?

Bennewitz: in Ochsenhausen kamen viele Leute, die sonst kaum ins Kino gehen, überdurchschnittlich viel ältere Leute.

SZ: Warum?

Bennewitz: Ein solches ‘Open Air’ mit Bewirtung hat Event-Charakter. Es ist etwas Besonderes, ‘da geht man hin.

SZ: Ich kenne kaum einen Selbständigen, der so wenig klagt und so viel Optimismus ausstrahlt. Bennewitz: „Klagen bringt nichts. Das macht nur die Stimmung schlecht.“

11.08.2001 | 20 Jahre ‘danach‘ wird ‘Moritat‘ erstmals öffentlich vorgetragen

OBERMARCHTAL / NEUFRA (vf) – Etwas Abwechslung im Programm der Sebastian-Sailer-Tage – das erhoffen sich die Verantwortlichen von einer Lesung am Sonntag, 9. September, 11 Uhr, im Spiegelsaal des Klostergebäudes. Vorgetragen wird die „Deutsche Moritat“ „Schubart-Feier“ von Werner Dürrson, Neufra. Schubart war ein schwäbischer Schriftsteller, Musiker und Regierungskritiker im 18. Jahrhundert, der für seine Kritik an der württembergischen Regierung hart büßen musste. Der Autor Dürrson machte Schubart zum Thema einer „Moritat“ und eines Theaterstücks mit Bezügen zur Gegenwart; die Texte haben eine ungewöhnliche Geschichte.

Dr. W. Dürrson erhielt für die 1977/78 verfasste, fünfzigseitige „Moritat“ 1980 den Schubart-Preis der Stadt Aalen; in jenem Jahr wurde der Text auch veröffentlicht, im Stuttgarter Windhueter-Verlag. Öffentlich vorgetragen wurde die Moritat bisher nicht, wenn man von Ausschnitten im Zusammenhang mit der genannten Preisverleihung absieht.

Moritaten werden, wie auf Jahrmärkten so üblich, von zwei bis drei Personen vorgetragen, sagt der Autor im Gespräch mit der Ehinger Schwäbischen Zeitung. Für eine Aufführung als Theaterstück sollten es mehr Schauspieler sein: Einen richtiggehenden Dramentext zum Thema „Schubart“ verfasste Dürrson vor zwanzig Jahren im Auftrag des Stuttgarter Staatstheaters. Der Text wurde vom Frankfurter Suhrkamp-Verlag (der auch ein Theater-Verlag ist) veröffentlicht. Der damals noch lebende Holzschnitt-Künstler HAP Grieshaber, mit Dürrson bekannt, fertigte für die vorgesehene Stuttgarter Inszenierung das Werbeplakat. Aber dann wurde aus der Aufführung nichts. Verschiedene Gründe spielten dabei eine Rolle.
So, wie der Moritaten-Text, war auch das Theaterstück ein „politisch‘ “ und damit für einige Obere ein „garstig“ Stück. Der vorgesehene Hauptdarsteller war mit seiner Rolle nicht einverstanden, Staatstheater-Regisseur Lukas Sutter zog nicht richtig mit. Es kam zum Eklat und zur Absetzung des Stücks vor der Uraufführung. Werner Dürrson hat einen ganzen Ordner mit Zeitungsveröffentlichungen zum Thema gesammelt. Im nächsten Jahr erscheint möglicherweise Dürrsons Selberlebensbeschreibung, in der unter anderem der Verlauf der Stuttgarter Theater-Tragikomödie nachgelesen werden kann.

Inzwischen haben sich die Zeiten geändert. Das Interesse an Politik, bedauert Dürrson, ist in Deutschland zurückgegangen. Man erinnere sich: Vor zwei Jahrzehnten bewegten Themen wie die Marinerichter-Tätigkeit des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Filbinger die Öffentlichkeit, ebenso die Nachrüstung (Stichwort „Mutlangen“); die  – noch neuen – Grünen machten sich damals auf den politischen Weg. In dieser Zeit war das öffentliche Interesse auch an frühen Demokraten wie etwa Christian Friedrich Daniel Schubart größer als heute. Es war eine Zeit, in der – zum Teil im Gefolge der Studentenbewegung mehr Zeitgenossen als heute in der Geschichte nach Menschen suchten, die sich schon früher, vor der Bonner und Weimarer Republik, für Demokratie, gegen überflüssige politische Herrschaft, für die Rechte von Minderheiten etc. einsetzten – eben Spurensuche in Sachen Demokratie. Schubart ist eine der „Ikonen“ dieser speziellen Geschichte. Er wurde wegen seiner Kritik am damaligen württembergischen Herzog in dessen Auftrag von Ulm nach Blaubeuren gelockt, dort regelrecht gekidnappt und zehn Jahre auf dem Hohen Asperg inhaftiert, ohne Prozess.

Dürrson versteht sich mit seinen Schubart-Texten als politischen Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts, ist sich aber darüber klar, dass „politische Menschen“ derzeit meist nicht sonderlich gefragt sind. Geldverdienen gilt heute als eines der wichtigsten, wenn nicht als das wichtigste Ziel in unserer Gesellschaft. Andererseits freut sich Dürrson, dass sein Text nicht nur in Uni-Bibliotheken verstaubt, sondern für diese Lesung nochmals ans Licht gezogen wird.

Geboren 1932 in Schwenningen, Handwerkerlehre in Stuttgart, erste Gedichte. Ab 1953 Studium der Musik in Trossingen, mit Abschluss (später war Dürrson in Trossingen zeitweilig als Lehrer tätig), 1957 Abitur. Studium der Literaturwissenschaft in München und Tübingen, 1962 Promotion, Lehrtätigkeit an der Universität Poitiers bis 1968, anschließend freier Schriftsteller, Aufenthalt vorwiegend in Zürich, Kattenhorn am Bodensee, Stuttgart, seit einigen Jahren in Neufra bei Riedlingen.

Veröffentlichungsliste: „Dreizehn Gedichte“ mit Graphiken von Klaus Staeck, Eremitenpresse 1965 (Staeck war – und ist – einer der witzigsten und boshaftesten Polit-Plakat-Entwerfer der Bundesrepublik; im ruhigen Ehingen gab es vor 25 Jahren einigen Hallas. als die damals bestehenden Jungsozialistengruppe Plakate Staecks ausstellte). ‘Flugballade“, mit Holzschnitten von HAP Grieshaber. 1966. Drei Dichtungen, 1970, „mitgegangen mitgehangen“, Gedichte. 1970 – 75. – Zahlreiche weitere Gedichtveröffentlichungen in den folgenden Jahrzehnten, zusammengefasst in vier Bänden (Lyrik und Prosa). Essays zur Literatur (Werke. Band V) 1997, Übersetzungen aus dem Französischen. Zahlreiche Literatur preise, als letzter „Eichendorff-Literaturpreis“ 2001.

Zu C F. D. Schubart

Geboren wurde Schubart 1739 in Obersontheim, aufgewachsen ist er in Aalen, gestorben 1791 in Stuttgart. Student der Theologie, Hilfslehrer und Hilfsprediger in Geislingen. Organist und Musikdirektor in Ludwigsburg, Konzertpianist, 1773 wegen regierungskritischer Äußerungen aus Württemberg ausgewiesen, Herausgeber und Redakteur verschiedener kritischer Zeitungen, von Augsburg aus. Zehn Jahre ohne Gerichtsurteil auf dem Hohen Asperg. Vier Jahre später verstorben. Verfasser auch von Gedichten und musikkritischen Schriften.

„Vorbemerkung“

Dürrsons Absicht beim Verfassen der Schubart-Moritat (1977/78) wird deutlich aus der hier vollständig widergegebenen „Vorbemerkung“. Sie dokumentiert eine heute seltene politische Einstellung.

„Diese Moritat für zwei oder drei Stimmen und möglichst viele Dreinsprecher will den Menschen Schubart zeigen und was sein Landesherr mit ihm anstellt; zum andern, was das „Kulturbewußtsein“ mithilfe eines Publikums, das großenteils an der deutschen Krankheit, dem Mangel an geistiger Auseinandersetzung, leidet, aus so einem macht.

Der Dokumentator hält sich an die Quellen; der Standort des Autors bewegt sich zwischen Schubart und dem Publikum, einzig einem Denkprozeß verpflichtet, der ihm höchst notwendig und nachholenswert erscheint.

Die Moritat ist vorführbar an jedem beliebigen Ort, auch auf Straßen und öffentlichen Plätzen, mit möglichst wenig Requisiten, zum Beispiel auch in der „Höhengaststätte Schubartstube“, von Gefangenen des Hohenaspergs. Anspielungen und Anklänge auf heutige Zustände sind, durchaus unzufällig.                      Werner Dürrson“

► Nachgefragt

Im Blick auf die „Urlesung“ eines Textes von Dr. Werner Dürrson, Neufra, im September in Obermarchtal stellte Veit Feger, Ehingen, einige Fragen an den Autor:

SZ: Warum leben Sie ausgerechnet in dem kleinen Neufra?

Dürrson: Dort ist’s nicht so idyllisch wie am Bodensee. Am See war‘s mir fast zu schon. Das Klima in Neufra bekommt mir auch gut. Und dann kann ich endlich in einem Schloss wohnen.“ (Zur Erläuterung sei angefügt, dass dieses Schloss vor allem durch seine landschaftliche Lage hoch überm Donautal beachtlich ist).

SZ: Gibt es eine wichtige Person für die Entwicklung des Schriftstellers Dürrson?

Dürrson: Hermann Hesse. Ich durfte neun Jahre mit ihm Briefe wechseln und ihn dreimal besuchen. Er gab mir wichtige Hinweise für die Tätigkeit als Schriftsteller.

► Ansicht

Der Marchtaler Pater Sebastian Sailer ließ zwar Gottvater als schwäbischen Großbauer (oder: einen schwäbischen Großbauer als Gottvater) auftreten, er war aber, wie sich an anderen Texten aus seiner Feder zeigt, von Grund auf obrigkeitlich gesinnt und Gegner der Aufklärung.

Der Autor Werner Dürrson, der Sailer-Tage-Veranstalter Wolfgang Schukraft aus Ulm und Mit-Leser Walter Frei aus Ehingen erhoffen sich von der Erinnerung an C. F. D. Schubart in Form einer öffentlichen Lesung, dass die Sailer-Tage ein wenig politischer werden und weniger 18.-Jahrhundert-Kloster-Romantik-verliebt. Leicht ist die Verwirklichung einer solchen Absicht nicht, schließlich wird Dürrsons „Moritat“ im Repräsentationsraum des einstigen Klosters, dem feudalen Spiegelsaal, vorgetragen. Und das Publikum wird ein bildungsbürgerliches sein. Wer interessiert sich sonst schon für einen Schriftsteller des 18. Jahrhunderts? Mit diesem Satz soll nichts gegen das Bildungsbürgertum gesagt sein, auch der Verfasser dieser Zeilen zählt dazu, Aber übermäßig viele sind das nicht.

01.08.2001 | 1,44 Meter langer Wels aus der Donau gezogen

GRIESINGEN / EHINGEN (vf) Andreas Pasini aus Griesingen hat am Mittwoch um 21.30 Uhr aus der Donau bei Ehingen einen 1,44 Meter langen und 38 Pfund schweren Wels (oder auch: Waller) gezogen. – Der größte Wels weltweit, der dieses Jahr geangelt wurde, maß gut zwei Meter; dafür musste man aber bis nach Kasachstan reisen, wie Pasini einem Fischer-Fachblatt entnahm.

Für Pasini, einen leidenschaftlichen Fischer, war das am Mittwochabend sein bisher größter Fang und vermutlich auch einer der größten Welse, die bisher im Raum Ehingen aus der Donau gezogen wurden. Pasini ist so stolz auf sein Fischer-Glück, dass er den genauen Fang-Ort nicht benennen will; er befürchtet, es könnten sich andere Welsfang-Fans über eventuell noch verbliebene Vertreter dieser Art hermachen.

Pasini ist im Berufsleben Automateneinrichter bei Lindenmaier in Untersulmetingen. Schon als Jugendlicher stellte er den Fischen nach. Bevor er vor drei Jahren in den Ehinger Fischereiverein eintrat, fischte er mit Tages-, Wochen- oder Monatskarten an einem der Laupheimer Baggerseen (die Zeit-beschränkte Fisch-Erlaubnis dort kann man beim Laupheimer Fischereiverein erwerben; eine Jahreskarte kostet 200 Mark).

Dem Ehinger Fischereiverein stellt Pasini den Kopf des Wels zum Präparieren zur Verfügung – wenn der Verein den Kopf annehmen will; schließlich kostet ein Präparier-Vorgang zum Erhalt der Jagd-Trophäe wenigstens fünfhundert Mark. Das aber war dem Fänger zu viel.

Das Fleisch des Welses hat Pasini zu Koteletts geschnitten; es soll verzehrt werden, von der Familie und von Bekannten.

Der größte Wels, den Pasini bisher an die Angel bekam, war 45 Zentimeter lang; er war damit “untermäßig” und wurde wieder in die Donau zurück geworfen.

Der Fangvorgang am Mittwochabend dauerte etwa eine halbe Stunde. Das geschah als “Handlandung”, weil der Fischer keinen Käscher, also kein Netz, verwendete. Zwar müssen Fischer so etwas bei sich haben, um den Fangvorgang abzukürzen und das Tier eher lebend an Land zu holen, um es eventuell wieder zurücksetzen zu können, aber für einen anderthalb Meter langen Wels reichte der Käscher, den Pasini bei sich hatte, nicht.

Fischen auf Welse ist ein unter Fischern beliebtes Vergnügen. In Spanien und Italien kann man gegen (nicht geringe) Bezahlung einige Wochen diese Wassertiere angeln; es gibt eigene Camps dafür. Wer einen Wels an die Angel bekommt, darf ihn aus dem Wasser holen, darf sich damit fotografieren lassen (“Jagdstolz”), aber muss ihn dann wieder ins Wasser lassen, damit ein anderer ebenfalls den Angelerfolg vorweisen – und der Camp-Eigentümer seine Brötchen verdienen  kann. Im Gegensatz zu anderen Fischen, etwa Hechten, lassen sich die Welse durch die Tortur des Gefangenwerdens nicht verdrießen, erneu rasch zuzuschnappen, wenn ihnen ein Köder vor die Nase kommt. Hechte sind lernfähiger: Wenn einer vor denen an der Angel hing und freigelassen wurde, ist es nicht mehr so einfach, den nochmals anzulanden. Vor einigen Jahren waren übrigen: mehrere Mitglieder des Fischereivereins Rottenacker in einem solchen Wels-Fisch-Camp in Italien, und nächstens werden wieder welche dort unten fischen; das “Jagdgehege” gehört einem Fischer aus Oberschwaben.

04.07.2001 | Zum Tode von Dr. Herbert Karl Kraft

EHINGEN (vf) – Einige Zeitungsleser waren wohl erstaunt, unter den Todesanzeigen in der Ehinger SZ eine mit dem Namen eines Ehingers, „Dr. Herbert Karl Kraft”, zu lesen. Der jetzt Verstorbene lebte über 55 Jahre in Ehingen, hatte sich aber aus dem „Leben” in Ehingen seit Jahrzehnten gewissermaßen ausgeklinkt. Unmittelbar nach dem Krieg hat sich der aus dem Raum Frankfurt eher zufällig nach Ehingen gekommene, damals junge Mann im Kulturleben der Stadt und gar Oberschwabens engagiert. Vor wenigen Jahren wurde das beim 50-Jahre-Jubiläum einer wichtigen oberschwäbischen Künstlervereinigung aufmerksamen SZ-Lesern deutlich. Herbert Karl Kraft leitete einige Zeit die ersten Volkshochschul-Bemühungen in Ehingen, in einer Zeit der Not und beengter Lebensumstände, an die heute nur noch über Siebzigjährige sich erinnern und an die sich wohl keiner gern erinnert. Eine kürzere Zeit arbeitete Dr. Kraft in der Redaktion der Ehinger SZ, lange Jahre dann in den auf Kulturelles spezialisierten Redaktionen der Südwestpresse Ulm und der Schwäbischen Zeitung Ulm. In dieser Zeit hat er unter anderem viele Theater-, Konzert- und Ausstellungskritiken verfasst (und sich, wie er dem Verfasser dieser Zeilen kürzlich gestand, viele Nachtstunden Mühe gemacht, dass nicht so viele Fehler im Blatt bleiben). Sein eigentliches, sein Wunsch-Leben spielte sich jenseits des oft mühseligen und öden Redaktionsalltags ab, beim Verfassen qualifizierter Buchbesprechungen für Fachzeitschriften, die kaum jemand im Raum Ehingen oder Ulm las und liest, im späten Erwerb des Doktortitels über ein musikwissenschaftliches Thema (als über Fünfzigjähriger), beim Verfassen von kunstgeschichtlichen Texten und bei der Herausgabe von Büchern, unter anderem eines in den 70er Jahren zur Geschichte des einstigen Klosters Marchtal.

In Ehingen selbst wollte Dr. Kraft am liebsten nicht wahrgenommen sein; „Ehingen ist eine schöne Stadt,” sagte er erst kürzlich zum Verfasser dieser Zeilen, aber eine, mit der er sonst nichts zu tun haben wolle. Das wichtigste Anliegen gegenüber dem Verfasser dieser Zeilen war ihm die Bitte, ja nicht irgendetwas zu seinem erwartbaren 80. Geburtstag, den er nächstes Jahr feiern werde, zu veröffentlichen. Nun hat sich das Geburtstagsfest und damit auch die Erfüllung der Bitte erledigt. In Ehingen sah man Herbert Karl Kraft nur wenig auf der Straße, am ehesten, wenn der Ruheständler abends den Müllerberg hinab zur Post ging, um einen von ihm verfassten Text an einen weit entfernten Zeitschriften-Verlagsort abzusenden oder um Lebensmittel einzukaufen und in der einfachen weißen Leinentasche heimzutragen.

Geistige Arbeit war für Herbe Kraft bis zuletzt selbstverständlich, und wie für viele geistig produktive Menschen war sie ihm zugleich Selbstzwang und Genuss. H. K. Kraft erlebte und wusste, dass sich für die Mühen eines geistigen Lebens und für seine Ergebnisse vergleichsweise wenige Menschen interessieren, und diese Einschätzung hat wohl dazu beigetragen, dass er von seinem Umgebungswohnort wenig wissen wollte. Dem Verfasser dieser Zeilen gab ihm beim letzten Müllerberg-hoch-Gespräch zwei Sätze mit auf den Heimweg: Nicht so viel arbeiten, weil einem die physische Selbstzerstörung später, im Alter, keiner dankt, und außerdem gab er ihm ein gutes Wort mit über die jungen Zivildienstleistenden, die ihm und seine Frau, beide alt und angeschlagen, eine so angenehme, große Hilfe seien.

16.06.2001 | Zwangs-Schelklingerin erinnert sich an ihre Lagerzeit in den 40er-Jahren

SCHELKLINGEN. Marie-Louise Roth-Zimmermann war früher Professorin für Germanistik an der Uni Saarbrücken. Sie kommt am Dienstag, 26. Juni, nach Schelklingen und liest hier ab 19.30 Uhr im Alten Spital aus ihrem Erinnerungsbuch.

Roth-Zimmermann stammt aus dem Elsass. Weil ihre Familie sich nicht genug unterwürfig gegenüber der erobernden deutschen NS-Herrschaft zeigte, sondern mit dem französischen Staat sympathisierte, wurde sie mit ihrer Familie zum
Aufenthalt in Deutschland, genauer: in Schelklingen, gezwungen, wo die Erwachsenen zur Arbeit zwangsverpflichtet waren. Ganz so schlimm wie gegenüber Polen und Slawen verhielt sich die damalige Regierung aber gegenüber Franzosen und Elsässern nicht, so konnte Roth-Zimmermann in Ulm das Gymnasium besuchen. – Über die Zeit in
Schelklingen hat Roth-Zimmermann kürzlich ein Buch verfasst und veröffentlicht. Aus diesem Buch wird sie in Schelklingen vortragen. Der Eintritt ist frei.

Anmerkung (vf) Die Ehinger SZ hat auf die Neuerscheinung hingewiesen, aufgrund des Eigenwerbungstexts des deutschen Verlags. Einer kritischen Besprechung hat sich die Ehinger SZ enthalten. Ein bisschen Kritik sei hier aber doch geäußert: Die Autorin war Germanistik-Professorin und Vorsitzende der Internationalen Musil-Gesellschaft (Robert Musil gilt als einer der bedeutendsten deutsch-österreichischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, vor allem berühmt durch seinen großen Roman „Der Mann ohne Eigenschaften“, der sich unter anderem mit dem Niedergang von „Kakanien“, der österreichisch-ungarischen „k.u.k.“ Doppelmonarchie befasst). Trotz dieser speziellen Qualifikationen hat die Autorin ihr Erinnerungsbuch auf Französisch verfasst und ins Deutsche übersetzen lassen, eine Übersetzung, die den Anspruch nach einem – bei einer Germanistik-Professorin erwartbaren – beispielhaft guten deutschen Stil nicht völlig befriedigt.

Ein gutes Wort für die Väter

Väter existieren heute meist nur als Alimentenverweigerer und als Kindesmissbraucher. Solche Urteile werden sicher über einige von uns Vätern zu Recht gefällt. Aber es gilt auch: Der schlechte Ruf einiger weniger schädigt die ganze Zunft.

Wer annehmen muss, dass sowieso nichts von ihm gehalten wird, von ihm, dem Veit Feger,  weil er zu dieser Zunft übler Männer gezählt wird – warum sollte sich der anstrengen und es anders machen?!

Die Obermarchtaler Erzieherinnen haben erkannt, dass es klüger ist, die Männer aus der Verwerfungs- und Schmoll-Ecke rauszuholen, indem sie deren Kinder anleiten, ihren Papas mal ausdrücklich Zustimmung zu zollen.

Selbst wenn Väter weder Missbraucher noch Alimente-Nicht-Zahler sind, werden sie oft nur noch für Altes Eisen, für überholt, für Grufties gehalten. Verständlich, dass mancher von ihnen nicht einmal mehr vor sich selber Respekt hat und seinen Kummer im nächsten Bierzelt ersäuft.

Kurz: Wertschätzung tut gut, lässt wachsen und das tun, woran man sonst gar nicht gedacht hätte. Die Obermarchtaler Erzieherinnen haben ein gutes Beispiel gegeben und sie haben zum Schluss des abendlichen Fests die Mamas in die Szene einbezogen.

Millionen-Gewinnerin im Mittelpunkt des Interesses

NASGENSTADT (dpa / bur / vf) – Waltraud Kretschmann gewann am Sonntag in der „SKL“-TV-Show vor schätzungsweise zehn Millionen Zuschauern zehn Millionen Mark (wir berichteten). Am Montag hielten sie sich in der Nähe von München auf, am Montagabend sah man sie im RTL-Magazin „explosiv“. – Hier noch einige Angaben zu W. Kretschmann und Ehemann Günter.

G. Kretschmann ist von Beruf Notar; das Ehepaar hat zwei Töchter. Vor etwa zehn Jahren bezog die Familie in der Nähe des Kindergartens von Nasgenstadt auf den Gollenäcker ein Reihenhaus. Die 47-jährige Waltraud Kretschmann ist Hausfrau, arbeitete früher im Amtsgericht als Schreibkraft und lernte dort ihren gleichaltrigen Mann Günter kennen. G. Kretschmann wechselte vor etwa sieben Jahren aus Ehingen ans Notariat Hayingen. – Die Töchter, 15 und 12 Jahre alt, betreiben auf einem Hof in der Nachbargemeinde Reitsport.

Für die Mitbürger von Kretschmanns war die Nachricht vom Gewinn am Sonntagabend die Überraschung. Es war ja im Vorfeld nicht bekannt geworden, dass Waltraud Kretschmann an der Fernsehshow teilnimmt. Als die Nachricht am Sonntag gegen 19 Uhr (noch Vor Beginn der Fernsehsendung) von der Deutschen Presseagentur verbreitet wurde, versuchte ein regionaler Radiosender sogleich, Nasgenstadter Bürger zu befragen, um etwas über die Gewinnerin zu erfahren.

Eine Bekannte, eine Nachbarin und ein Nasgenstadter Bürger beschreiben gegenüber der SZ Ehingen Familie Kretschmann als zurückgezogen lebend. Die Befragten freuen sich für die Gewinner: „Die haben es verdient.“ Eine Nachbarin rechnet dem Notar hoch an, dass er ihr in einer schwierigen Lebenssituation half. Die Bekannte meint, die zehn Millionen Mark werfen die „bodenständigen“ Kretschmanns nicht aus der Bahn. Diesen Eindruck teilte am späten Sonntagabend bereits mancher TV-Zuschauer: Waltraud Kretschmann kommentierte die Gewinnzusage von Günter Jauch mit dem Satz, mit dem Geld würden sie sicher ein Haus kaufen. Geplant ist auch eine Amerika-Reise und ein eigenes Reitpferd für die Töchter.  Das wurde durch Äußerungen der Kretschmanns gegenüber dem Sender RTL, der Süddeutschen Klassenlotterie (SKL) und der „Bild“-Zeitung bekannt. . Günter Kretschmann, Sohn eines langjährigen Mitarbeiters und Betriebsrats der Schwäbischen Zellstoff, trägt seit langem eine Beinprothese; als junger Mann wurde er bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Einer der Ehinger, den die SZ zur Familie Kretschmann befragte, meinte: Ihnen gönne ich die zehn Millionen Mark.

Keine Angst vor Öffentlichkeit

Insgesamt zwei Bürgermeister aus dem Verbreitungsgebiet stellen der Schwäbischen Zeitung Ehingen vor einer Gemeinderatssitzung jene Informationen zur Verfügung, die sie für ihre Räte erarbeitet haben. Die Zeitungsmacher dürfen diese Infos auswerten und vor der Sitzung auf die Themen eingehen. Diese beiden Bürgermeister sind der Ehinger OB Johann Krieger und der seit kurzem tätige Bürgermeister Hauler, Rottenacker.

Verglichen mit sämtlichen Kollegen und mit der Alb-Donau-Kreis-Verwaltung sind diese beiden Verwaltungschefs in ihrem Verhalten, man muss schon fast flippig sagen: revolutionär, und in jedem Fall auch tapfer.

Einige wenige ihrer Kollegen stellen vorab Sitzungsunterlagen zur Verfügung, versehen sie aber mit dem von den Zeitungsleuten respektierten Sperrvermerk “Veröffentlichung erst nach der Sitzung“. Die allermeisten Gemeinde Oberhäupter sind nicht einmal zu diesem Schritt imstande. In herkömmlich obrigkeitlicher Art sitzen sie auf ihre Informationen, wollen nicht, dass diese jemand anders als ihnen selbst und dem erlauchten Gremium ihrer Räte bekannt werden (am liebsten wäre manchen wohl, dass die Zeitungsleute nicht mal den Sitzungstermin wissen), und wenn die Informationen den Presseleuten schon bekannt gegeben werden, dann sollen diese zumindest keinen Gebrauch davon machen, bevor die Räte nicht darüber geredet (oder meist: darüber geschwiegen) haben. Hoffentlich bleiben wenigstens diese beiden Gemeinde Oberhäupter bei ihrem derzeitigen Verfahren.

17.01.2001 | Lob von höchster Stelle für aus Öpfingen stammenden Autor

ÖPFINGEN / FRANKFURT (vf) – Aus Öpfingen stammt Schriftsteller Andreas Eschbach, 41 Jahre alt. In der dicken Literatur-Beilage der FAZ zur Frankfurter Buchmesse wird Eschbach jetzt als Autor des neuen Romans „Eine Billion Dollar“ von FAZ-Feuilleton-Chef (!) und FAZ-Mitherausgeber (!) Frank Schirrmacher gewürdigt.

Eschbach hat in den vergangenen Jahren mehrere Science-Fiction-Romane veröffentlichen können, die hohe Auflagenzahlen erreichten; die Ehinger Schwäbische Zeitung wies ein, zwei Mal in größerem Umfang auf den „bedeutenden Sohn Öpfingen“ hin. Sucht man nach weiteren in Öpfingen aufgewachsenen Autoren, dann muss man wohl bis ins 18. Jahrhundert gehen, auf den ebenfalls an dieser Stelle gewürdigten Theologen und Kirchenhistoriker Dannenmaier.

„Science Fictions“, wie sie Eschbach bisher schreibt, werden meist zur sogenannten Trivialliteratur gezählt – nicht „bedeu­tungsvoll“ genug, um von ernsthaften Literaten, Literatur­kritikern und eventuell Literatur-Lesern ernst genug genommen zu werden.

Zu den bekannten Schriftstellern der „Pop“-Literatur in Deutschland zählten in den vergangenen Jahrzehnten Autoren wie Konsalik, Johannes Mario Simmel oder Uta Danella. Erfolgreich ist inzwischen auch bereits der noch vergleichs­weise junge Andreas Eschbach. Allem nach erklärt sich sein Erfolg daraus, dass Leser, die einen Roman von ihm gelesen haben, so angetan sind, dass sie auch den nächsten erwerben, und so wurden Eschbach-Texte bereits mehrfach von einem so großen Verlag wie Gustav Lübbe, Bergisch Gladbach, veröffentlicht.

Jetzt ist dem ehemaligen Öpfinger die Ehre widerfahren, dass einer der führenden Redakteure der FAZ einen neuen Roman von ihm vorstellt. Frank Schirrmacher tut das mit der bezeichnenden Überschrift „Hinweis auf einen Unbekannten“. Das ist natürlich ironisch gegen seine eigenen Literatur-Kritiker gemeint, für die Eschbach ein „Unbekannter“ ist, nicht hingegen für bereits hunderttausende Science-Fiction-Leser.

Schirrmacher eröffnet seinen Text mit den Sätzen: „Keine Rezension würdigt diesen Mann. Kein Lob rühmt ihn. Kein Verriß zerlegt seine Bücher in ihre Einzelteile…. Es stellt sich die Frage: Wie haben denn eigentlich die mehreren hundert­tausend Leser, die seine Bücher zu Bestsellern

 im literarischen Niemandsland machten, von ihm erfahren.?“

Bild: Andreas Eschbach (entnommen aus der FAZ-Literaturbeilage)

Schirrmacher schildert dann, wie er den Autor Eschbach entdeckte, durch Lektüre der Internet-Seite eines Buch-Verkäufers, der seine Best-Seller vermerkt.

Schirrmacher liefert kluge Sätze über den Autor Eschbach und empfiehlt ihn, auf jeden Fall als spannende Lektüre für einen „dunklen, kalten, wolkenzerfetzten Herbstabend“.

Veit Feger Anmerkung:

Das zitierte Wort „Verriß“ ist kein Rechtschreibfehler; in der SZ hätte es natürlich „Verriss“ heißen müssen, aber die FAZ hat sich der Mode „Rechtschreibreform“ verweigert. –  Der Ehinger SZ-Macher legt aus seinem Nähkästchen nach: Er dreht beim Redigieren manchmal schier hohl: Einige Mitarbeiter, gestandene Akademiker, die früher „Straße“ richtig schreiben konnten und schrieben, sind durch die Reform so verunsichert, dass sie nun, aus Angst, sie könnten ein doppeltes s versäumen, ständig „Strasse“ schreiben – eine der unschönen Folgen der sogenannten Reform. Und der Zeitungsmacher leidet zudem unter der Verachtung süddeutschen Sprachgebrauchs, weil er zwar „Spaß“ mit kurzem „a“ spricht und also „Spass“ schreiben müsste, aber nach den aus Norddeutschland stammenden Rechtschreibregeln ein Wort schreiben muss, das er eigentlich nur als „Spaaas“ lesen kann. (vf)