26.08.2001 | Früherer Pfarrer nun Dichter und Biograph

LICHTENSTEIN / ERSINGEN (vf) – Von 1978 bis 86 war Fritz Streitberger Pfarrer in Ersingen (und als solcher auch zuständig für die Protestanten von Öpfingen, Oberdischingen und Rißtissen). Dann trat er in den Ruhestand und wohnt mit seiner Frau seit 1990 in Unterhausen unterhalb von Burg Lichtenstein, in der Nähe seiner Heimatstadt Reutlingen. Als Senior ist Streitberger unter die Autoren gegangen und hat eine Lebensbeschreibung von Christian Friedrich Daniel Schubart (1739 -1791) und drei Gedichtbände verfasst und veröffentlicht.      Autor Fritz Streitberger, früher Ersingen

Das Autorenleben begann Streitiger eher mit Gedichten: vorwiegend für Familienfeste (Taufen, Hochzeiten, Konfirmationen etc.) verfasste er Balladen zu biblischen Geschichten. Weil zwei Enkel auf die Vornamen Jonas beziehungsweise Judith getauft wurden, dichtete Streitberger für die Tauffeiern humorvolle Verse zu diesen alttestamentarischen Geschichten vom Prophet Jona und von der tapferen Frau Judith.

Bild: Autor Fritz Streitberger, früher Ersingen

Im Lauf der Jahre kamen mehrere Balladen über verschiedene Gestalten des Alten Testaments zusammen, auch „Daniel“ taucht auf. Inzwischen sind dem ersten Bändchen im Berliner Frieling-Verlag zwei weitere gefolgt.
Der erste Band, aus dem Jahr 1998, liegt seit kurzem bereits in zweiter Auflage vor.

Die Titel der drei Bändchen deuten die heitere Stimmung der Verse an: „Und alle Löwen waren friedlich“, „Er war kein Freund von halben Sachen“ und „Zwei Eselinnen sind entlaufen“. Die zwei letzteren Balladenbüchlein sind erst in diesem Jahr erschienen und wurden illustriert von einem Schwiegersohn des Ehepaars Streitberger, von dem Neu-Ulmer Zeichenlehrer Wolfgang Neidlinger.

Aber wie kommt ein lutherischer Pfarrer auf .einen rebellischen Schriftsteller des 18. Jahrhunderts, C. D. F. Schubart, den politisch widerständigsten Mann der württembergischen Geschichte seiner Zeit? Nun, einfach, und Streitberger bekennt das auch im Vorwort zu der im April 2001 erschienenen Lebensbeschreibung: Er selbst stammt mütter­licherseits von Johann Konrad Schubart, einem Bruder des Schriftstellers, ab. Der Aalener Stadtschreiber J. K. (1743-1808) hat seinen Bruder immer wieder unterstützt; dieser selbst hatte keine heute  noch lebenden Nachkommen.

Streitberger begründet seine Autorenschaft bescheiden damit, dass es derzeit auf dem Markt keine leicht lesbare Biographie Schubarts gebe. Er begründet sie auch damit, dass die religiöse Seite Schubarts bisher von Biographen nicht sonderlich behandelt worden sei. Ihm als Pfarrer liege das halt nahe. Streitberger nennt im Gespräch mit der Ehinger SZ-Redaktion als gute Biographien Schubarts eine von dem Musikhistoriker Kurt Honolka, die habe aber vor allem
den Musiker und Musikwissenschaftler Schubart zum Gegenstand, dann eine Schubart-Biographie aus der Feder des Schriftstellers Peter Härtung, die sich vor allem auf den Dichter Schubart richte, jetzt, mit Streitberger, eine Lebensbeschreibung, die auch die religiöse Entwicklung Schubarts behandelt. Diese Akzentsetzung ist nicht selbstverständlich, weil Leute, die sich heutigen Tags an Schubart erinnern, das aus anderen Gründen tun, vor allem aus politik, demokratie- und zeitungsgeschichtlichen Interessen. Der 130 Seiten lange Text ist im Frühjahr im Salzer-Verlag Bietigheim erschienen, in einer Auflage von 2000 Stück. Sechs- bis siebenhundert Exemplare sind in den Monaten seither verkauft worden. – Einerseits freut sich der Verfasser, dass sein Buch erschienen ist, andererseits hat ihm die Bietigheimer Verlegerin (und zugleich Lektorin) seinen maschinengeschriebenen Text kräftig gekürzt, mit der Begründung, eine bestimmte Länge dürfe das Bändchen nicht überschreiten, weil der Ladenpreis sonst dreißig Mark überschreite und das Buch sich dann schlecht verkaufe. Also: Runter mit den Zeilen, runter mit den Seiten! Was bleibt dem Autor anderes übrig als das zu schlucken, so wie manche Zeitungsschreiber die Kürzung ihrer Texte leiden müssen und sich trösten mit dem Satz: „Lieber kurz und drin als lang und nicht drin.“

Die lustige Geschichte vom Prophet Jona
Im folgenden eine Textprobe aus Streitbergers Buch mit Biblischen Balladen: „Und alle Löwen waren friedlich“, 2. Auflage, Berlin 2001, „Kapitel“ Jona: „Assyrien war ein großes Land und seine Hauptstadt weltbekannt. Sie war auch äußerlich „okay“ und hieß mit Namen: Ninive. Man konnte ehrfurchtsvoll erschauern beim Anblick ihrer dicken Mauern. Es gab auch Türme, stolz erhaben, und einen tiefen Wassergraben. Und wollte man die Stadt durchwandern von einem Ende bis zum andern, dann brauchte, das stand außer Frage, zu Fuß man mindestens drei Tage. Es schwärmten von dem Häusermeer und Stadtbild die Touristen sehr. Bei Sonne riefen sie und Schnee: „Wie prächtig ist doch Ninive!“ Gott aber sah es voller Grimm: Im Übrigen war sie sehr schlimm. Er sah von seinem hohen Stuhl: Sie war ein arger Sündenpfuhl. Beständig und zu eignem Schaden die Niniviten Böses taten: – Vom Guten sie nicht einmal träumten, die Nächstenliebe sie versäumten, ergaben sich dem Saufen, Fressen, die Armen haben sie vergessen, oft haben schamlos sie gelogen und gegenseitig sich betrogen, von Kulturellem und von Kunst, da hatte kaum man einen Dunst. Es gab, in vielerlei Gestalt, Pornos und Drogen und Gewalt. Der Gipfel war: Verruchte Hände beschmierten öffentliche Wände mit unverschämten Hass Parolen: „Die Fremden soll der Teufel holen!“ Doch Gott sah aus von seiner Höh’ und übersah nicht Ninive. Nachdem dies Elend er gesehn, sprach er: „So kann’s nicht weitergehn!“ Er spähte aus im ganzen Land per Fernglas, bis er Jona fand. Und   diesem ausgesuchten Mann gebot er: „Zieh dir Schuhe an und Anorak und Hut und geh, so schnell du kannst, nach Ninive und dort verkünde d:eser Stadt, die meiner ganz vergessen hat: „Ihr Leute, ihr müsst alle hören, bald muss ich Ninive zerstören!“

25.08.2001 | Spanischsprachige Biographie von Bruder Johannes Stiehle

DÄCHINGEN / CUENCA (vf) – Die südamerikanische Mitarbeiterin der Stiehle-Fördergemeinschaft, Rosa Dunia, ist derzeit in Dächingen zu Besuch. Sie hat einige der achthundert Exemplare eines aktuell in Cuenca erschienenen neuen Buchs über Johann Baptist Stiehle (1829 – 1899) mitgebracht. Das Buch wurde von zwei Mitgliedern jenes Ordens verfasst, dem auch der Ordensbruder und Bau-Fachmann J. B. Stiehle angehörte: Pater Nestor und Pater Manuel Rivera, zwei Brüder, haben ein Testimonio“, ein Zeugnis (im Sinn von Bezeugung) der Arbeit und des heiligmäßigen Lebens von „Hermano Juan Bautista Stiehle Redentorista“ verfasst und in Cuenca drucken lassen. Die Drucklegung wurde von der Stiehle-Fördergemeinschaft finanziell unterstützt.

Pater Nestor aus Cuenca hat schon vor längerem eine Geschichte des Redemptoristen Ordens im 19. und 20. Jahrhundert in Ecuador verfasst; er war auch vor zwei Jahren längere Zeit in Dächingen, um sich mit Lebenszeugnissen des Ordensmitglieds J. B. Stiehle vertrauter zu machen; er hat in Ordensniederlassungen und -archiven in Frankreich und Italien auf den Spuren Stiehles geforscht, einiges bis dato nicht Bekannte zu Tage gefördert und in dem jetzt vorliegenden Buch festgehalten.

Für die Lebensbeschreibung konnten die beiden Patres auf deutschsprachige Zeitungs- und Buch Veröffentlichungen über Stiehle zurückgreifen und vor allem auf die vielen Briefe Stiehles an seine oberschwäbischen Verwandten. Die in Trailfingen bei Münsingen ein Übersetzungsbüro betreibende gebürtige Spanierin Carmen Krüger hat die vielen Briefe Stiehles, die aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts überkommen sind, aus der bisher mehrheitlich handschrift­lichen Übertragung Franz Holzmanns mit dem Computer erfasst und ins Spanische übersetzt. Diese Briefe sind also jetzt auch in elektronischer Form archiviert, sie können ausgedruckt und insbesondere als Buch gedruckt werden.

Wie in der Ehinger Schwäbischen Zeitung schon früher dargelegt, ist es erstaunlich, wie viele Stiehle-Briefe aus dem lothringischen Kloster Teterchen und aus Cuenca/Ecuador in oberschwäbischen Bauernhäusern aufbewahrt wurden, über ein Jahrhundert und länger – bis sich der Dächinger Franz Holzmann zu Beginn der 80er Jahre auf die systemati­sche Suche nach diesen Briefen machte, sie zusammentrug, ordnete und sie aus der altertümlichen Schreibweise und der meist winzig kleinen Handschrift Stiehles in unsere heutige Schreibschrift übertrug.

Wertere Briefe aus dem 19. Jahrhundert „aufgetaucht“

Erst in letzter Zeit wurden zwei weitere Briefe Stiehles „entdeckt“: Einer war in einem Haus in Schussenried aufbewahrt worden. Ein weiterer befand sich im Nachlass einer verstorbenen Dächingerin. Im einen der beiden Briefe schildert Bruder Johannes den oberschwäbischen Verwandten seine Reise an die französische Westküste zum Atlantikhafen Saint Nazaire nahe der Loire-Mündung, von wo aus sich Stiehle in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts nach Südamerika einschiffte. Zum zeitgeschichtlichen Hintergrund dieser Reise ohne Wiederkehr: Die kulturkämpferische deutsche Reichsregierung hatte nach dem siegreichen Krieg gegen Frankreich 1870/71 die meisten Orden aus den eroberten Gebieten Elsass und Lothringen verjagt; in Teterchen/Lothringen hatte Bruder Johannes bis dahin in einer Ordensniederlassung gelebt und gearbeitet; einer der Staaten, die damals Redemptoristen aufnahmen, war Ecuador, und so kam es, dass in der Folge zahlreiche Mitglieder des Ordens von Frankreich nach Südamerika auswanderten. Der andere der beiden hier erwähnten „neuen“ Briefe ähnelt bereits bekannten: Dem Ordensmann war der jähe Tod eines Verwandten mitgeteilt worden; Bruder Johannes versuchte zu trösten.

Die 150-seitige Neuerscheinung in spanischer Sprache ist reichlich bebildert, mit Fotos von Bauwerken, die Bruder Stiehle geplant hat (bekanntlich nicht nur Kirchen, sondern auch Brücken und weltliche Gebäude). Das Buch enthält Fotos vom Inneren der Pfarrkirche Altsteußlingen und von dem Taufbecken, mit dessen Wasser wahrscheinlich Stiehle getauft wurde, und ein Foto des Elternhauses von Tiberius Stiehle in Untermarchtal.

Die Neuerscheinung erhält auch die ins Spanische übersetzte Erinnerung der Reutener Franziskanerin Sodalis Holzmann, einer Tante von Franz Holzmann, die 92 Jahre alt wurde und im hohen Alter ihrem Neffen erzählte, was sich in mündlicher Überlieferung innerhalb der Stiehle-Sippe an Erinnerungen über Bruder Johannes erhalten hatte.

Die Absicht der Autoren war eine traditionell religiöse: ein Vorbild christlichen Lebens vorzustellen und zu würdigen. So heißt es im Vorwort unter anderem über Bruder Johannes: Die vielen schmerzhaften Krankheiten, die den fragilen Organismus (Stiehles sc.) bedrückten, die tägliche Arbeit unter schwierigen Bedingungen, die genaue und heldenhafte Erfüllung der Pflichten eines Ordensmannes, die tief empfundene Trennung von seiner Familie machten aus seinem Leben ein beständiges Opfer, ja ein echtes Martyrium. Zitiert wird in der Einleitung auch die im Ordensregister 1899 lateinisch festgehaltene Nachricht vom Tod Stiehles, mit dem würdigenden Satz: Hominum memoria perit cum sonitu; sanctorum memoria in aeternum manet. – Das Gedächtnis unter Mensehen verklingt wie ein Ton, das Gedächtnis der Heiligen bleibet in Ewigkeit. Auf einen längeren Zeitraum betrachtet, möchte das Buch der beiden Cuencaner Patres sicher ein Beitrag zur offiziellen, Würdigung Stiehles durch die katholische Kirche sein.

15.08.2001 | Test auf dem Bodensee und in Ochsenhausen

EHINGEN (vf) – Am Sonntag beginnt auf dem Marktplatz das erste „Ehinger City Filmfestival“. Veranstalter sind Firmen der Innenstadt und die Stadt Ehingen. Das Vorführgerät, die Beschallungsanlage, die Leinwand und die Stühle liefert der Ehinger Kinobetreiber Torsten Bennewitz.

Er verfügt bereits über einige Erfahrung in Sachen „Open-Air-Kino“. So hat er vor einigen Wochen zwei Tage lang mit seinem Gerät auf einem Bodensee-Schiff Filme gezeigt, und am heutigen Mittwoch geht in Ochsenhausen eine große Open-Air-Veranstaltungsreihe zu Ende. – Von Friedrichshafen aus war Bennewitz mit seinem Vorführgerät auf der modernen Fähre „Euregia“ im Auftrag eines Ravensburger Kino-Betreibers zwei Tage lang unterwegs. Welchen Film zeigte Bennewitz? „Natürlich‚ Titanic‘ “.

Die Ochsenhauser Veranstaltungsreihe dauerte vom 1. bis 15. August. Es hätten drei Tage weniger sein sollen, aber an drei Tagen goss es, und nun werden die ausgefallenen Termine zu Beginn dieser Woche hinten angehängt. Es hätten die Hits der Reihe werden sollen: „Chocolat“, „Pearl Harbor“ und heute Abend „Der Schuh des Manitu“, der auch im Ehinger Kino zu sehen ist. Aufführungsort war das Freigelände neben dem einstigen Fruchtkasten-Gebäude des Klosters. Drinnen werden derzeit Metallarbeiten des Rottweilers Erich Hauser gezeigt: Zwei seiner glänzenden Riesendinger stehen im Freigelände und damit im Bereich der Filmvorführer. Sie mussten eigens gegen Beschädigung versichert werden. (Beiläufig: Eine kleinere Ausfertigung ä la Hauser steht auf dem Ehinger Lindenplatz). – Bewirtet wurden die Ochsenhausener Open-Air-Besucher von einem örtlichen Gastwirt. Der schlechteste Besuchstag während der zwei Wochen sah 80 Besucher (bei acht Grad im Freien); beim besten Termin wurden fast alle sechshundert aufgestellten Bennewitz-Stühle besetzt. Für den in Ehingen tätigen Kino-Chef und den Ochsenhausener Gastronomen steht fest:

Bild: Bauhofmitarbeiter der Stadt haben damit begonnen, für das Filmfestival auf dem Rathausplatz die Bühne aufzubauen. Vor der Rathausfassade wird eine Filmprojektionswand aufgestellt. Der Marktplatz wird zum Rathausplatz hin bestuhlt, dahinter werden Kirbehütten stehen. An den Filmfesttagen wird bewirtet. Unser Bild zeigt Arbeiter an einem Gestell für das Podium. Foto: Oppermann

Nächstes Jahr machen sie wieder so was. Wobei zu berücksichtigen ist, dass es in Ochsenhausen sonst kein Kino gibt. Vergangenes Jahr veranstaltete Bennewitz erstmals eine solche Film-Reihe, damals mit beachtlichen 3.000 Besuchern.

In Ehingen wird Bennewitz seinen Wagen mit Vorführgerät mitten auf den Marktplatz stellen; die 12 auf 6 Meter große Leinwand kommt dann vors Rathaus.

Auch in Ehingen wird bekanntlich bewirtet. Wenn die Ehinger „Session“ vorbei ist, werden Gerät und Stühle nach Laupheim transportiert, wo der dortige Kinobetreiber sich ebenfalls an einem „open air“ versuchen will.

► Nachgefragt. – Der in Biberach wohnende, in Ehingen tätige Kinobetreiber Torsten Bennewitz stellt für das Filmfestival in Ehingen die Geräte.

SZ: Versprechen Sie sich etwas von einer solchen Veranstaltung wie in Ochsenhausen?

Bennewitz: in Ochsenhausen kamen viele Leute, die sonst kaum ins Kino gehen, überdurchschnittlich viel ältere Leute.

SZ: Warum?

Bennewitz: Ein solches ‘Open Air’ mit Bewirtung hat Event-Charakter. Es ist etwas Besonderes, ‘da geht man hin.

SZ: Ich kenne kaum einen Selbständigen, der so wenig klagt und so viel Optimismus ausstrahlt. Bennewitz: „Klagen bringt nichts. Das macht nur die Stimmung schlecht.“

11.08.2001 | 20 Jahre ‘danach‘ wird ‘Moritat‘ erstmals öffentlich vorgetragen

OBERMARCHTAL / NEUFRA (vf) – Etwas Abwechslung im Programm der Sebastian-Sailer-Tage – das erhoffen sich die Verantwortlichen von einer Lesung am Sonntag, 9. September, 11 Uhr, im Spiegelsaal des Klostergebäudes. Vorgetragen wird die „Deutsche Moritat“ „Schubart-Feier“ von Werner Dürrson, Neufra. Schubart war ein schwäbischer Schriftsteller, Musiker und Regierungskritiker im 18. Jahrhundert, der für seine Kritik an der württembergischen Regierung hart büßen musste. Der Autor Dürrson machte Schubart zum Thema einer „Moritat“ und eines Theaterstücks mit Bezügen zur Gegenwart; die Texte haben eine ungewöhnliche Geschichte.

Dr. W. Dürrson erhielt für die 1977/78 verfasste, fünfzigseitige „Moritat“ 1980 den Schubart-Preis der Stadt Aalen; in jenem Jahr wurde der Text auch veröffentlicht, im Stuttgarter Windhueter-Verlag. Öffentlich vorgetragen wurde die Moritat bisher nicht, wenn man von Ausschnitten im Zusammenhang mit der genannten Preisverleihung absieht.

Moritaten werden, wie auf Jahrmärkten so üblich, von zwei bis drei Personen vorgetragen, sagt der Autor im Gespräch mit der Ehinger Schwäbischen Zeitung. Für eine Aufführung als Theaterstück sollten es mehr Schauspieler sein: Einen richtiggehenden Dramentext zum Thema „Schubart“ verfasste Dürrson vor zwanzig Jahren im Auftrag des Stuttgarter Staatstheaters. Der Text wurde vom Frankfurter Suhrkamp-Verlag (der auch ein Theater-Verlag ist) veröffentlicht. Der damals noch lebende Holzschnitt-Künstler HAP Grieshaber, mit Dürrson bekannt, fertigte für die vorgesehene Stuttgarter Inszenierung das Werbeplakat. Aber dann wurde aus der Aufführung nichts. Verschiedene Gründe spielten dabei eine Rolle.
So, wie der Moritaten-Text, war auch das Theaterstück ein „politisch‘ “ und damit für einige Obere ein „garstig“ Stück. Der vorgesehene Hauptdarsteller war mit seiner Rolle nicht einverstanden, Staatstheater-Regisseur Lukas Sutter zog nicht richtig mit. Es kam zum Eklat und zur Absetzung des Stücks vor der Uraufführung. Werner Dürrson hat einen ganzen Ordner mit Zeitungsveröffentlichungen zum Thema gesammelt. Im nächsten Jahr erscheint möglicherweise Dürrsons Selberlebensbeschreibung, in der unter anderem der Verlauf der Stuttgarter Theater-Tragikomödie nachgelesen werden kann.

Inzwischen haben sich die Zeiten geändert. Das Interesse an Politik, bedauert Dürrson, ist in Deutschland zurückgegangen. Man erinnere sich: Vor zwei Jahrzehnten bewegten Themen wie die Marinerichter-Tätigkeit des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Filbinger die Öffentlichkeit, ebenso die Nachrüstung (Stichwort „Mutlangen“); die  – noch neuen – Grünen machten sich damals auf den politischen Weg. In dieser Zeit war das öffentliche Interesse auch an frühen Demokraten wie etwa Christian Friedrich Daniel Schubart größer als heute. Es war eine Zeit, in der – zum Teil im Gefolge der Studentenbewegung mehr Zeitgenossen als heute in der Geschichte nach Menschen suchten, die sich schon früher, vor der Bonner und Weimarer Republik, für Demokratie, gegen überflüssige politische Herrschaft, für die Rechte von Minderheiten etc. einsetzten – eben Spurensuche in Sachen Demokratie. Schubart ist eine der „Ikonen“ dieser speziellen Geschichte. Er wurde wegen seiner Kritik am damaligen württembergischen Herzog in dessen Auftrag von Ulm nach Blaubeuren gelockt, dort regelrecht gekidnappt und zehn Jahre auf dem Hohen Asperg inhaftiert, ohne Prozess.

Dürrson versteht sich mit seinen Schubart-Texten als politischen Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts, ist sich aber darüber klar, dass „politische Menschen“ derzeit meist nicht sonderlich gefragt sind. Geldverdienen gilt heute als eines der wichtigsten, wenn nicht als das wichtigste Ziel in unserer Gesellschaft. Andererseits freut sich Dürrson, dass sein Text nicht nur in Uni-Bibliotheken verstaubt, sondern für diese Lesung nochmals ans Licht gezogen wird.

Geboren 1932 in Schwenningen, Handwerkerlehre in Stuttgart, erste Gedichte. Ab 1953 Studium der Musik in Trossingen, mit Abschluss (später war Dürrson in Trossingen zeitweilig als Lehrer tätig), 1957 Abitur. Studium der Literaturwissenschaft in München und Tübingen, 1962 Promotion, Lehrtätigkeit an der Universität Poitiers bis 1968, anschließend freier Schriftsteller, Aufenthalt vorwiegend in Zürich, Kattenhorn am Bodensee, Stuttgart, seit einigen Jahren in Neufra bei Riedlingen.

Veröffentlichungsliste: „Dreizehn Gedichte“ mit Graphiken von Klaus Staeck, Eremitenpresse 1965 (Staeck war – und ist – einer der witzigsten und boshaftesten Polit-Plakat-Entwerfer der Bundesrepublik; im ruhigen Ehingen gab es vor 25 Jahren einigen Hallas. als die damals bestehenden Jungsozialistengruppe Plakate Staecks ausstellte). ‘Flugballade“, mit Holzschnitten von HAP Grieshaber. 1966. Drei Dichtungen, 1970, „mitgegangen mitgehangen“, Gedichte. 1970 – 75. – Zahlreiche weitere Gedichtveröffentlichungen in den folgenden Jahrzehnten, zusammengefasst in vier Bänden (Lyrik und Prosa). Essays zur Literatur (Werke. Band V) 1997, Übersetzungen aus dem Französischen. Zahlreiche Literatur preise, als letzter „Eichendorff-Literaturpreis“ 2001.

Zu C F. D. Schubart

Geboren wurde Schubart 1739 in Obersontheim, aufgewachsen ist er in Aalen, gestorben 1791 in Stuttgart. Student der Theologie, Hilfslehrer und Hilfsprediger in Geislingen. Organist und Musikdirektor in Ludwigsburg, Konzertpianist, 1773 wegen regierungskritischer Äußerungen aus Württemberg ausgewiesen, Herausgeber und Redakteur verschiedener kritischer Zeitungen, von Augsburg aus. Zehn Jahre ohne Gerichtsurteil auf dem Hohen Asperg. Vier Jahre später verstorben. Verfasser auch von Gedichten und musikkritischen Schriften.

„Vorbemerkung“

Dürrsons Absicht beim Verfassen der Schubart-Moritat (1977/78) wird deutlich aus der hier vollständig widergegebenen „Vorbemerkung“. Sie dokumentiert eine heute seltene politische Einstellung.

„Diese Moritat für zwei oder drei Stimmen und möglichst viele Dreinsprecher will den Menschen Schubart zeigen und was sein Landesherr mit ihm anstellt; zum andern, was das „Kulturbewußtsein“ mithilfe eines Publikums, das großenteils an der deutschen Krankheit, dem Mangel an geistiger Auseinandersetzung, leidet, aus so einem macht.

Der Dokumentator hält sich an die Quellen; der Standort des Autors bewegt sich zwischen Schubart und dem Publikum, einzig einem Denkprozeß verpflichtet, der ihm höchst notwendig und nachholenswert erscheint.

Die Moritat ist vorführbar an jedem beliebigen Ort, auch auf Straßen und öffentlichen Plätzen, mit möglichst wenig Requisiten, zum Beispiel auch in der „Höhengaststätte Schubartstube“, von Gefangenen des Hohenaspergs. Anspielungen und Anklänge auf heutige Zustände sind, durchaus unzufällig.                      Werner Dürrson“

► Nachgefragt

Im Blick auf die „Urlesung“ eines Textes von Dr. Werner Dürrson, Neufra, im September in Obermarchtal stellte Veit Feger, Ehingen, einige Fragen an den Autor:

SZ: Warum leben Sie ausgerechnet in dem kleinen Neufra?

Dürrson: Dort ist’s nicht so idyllisch wie am Bodensee. Am See war‘s mir fast zu schon. Das Klima in Neufra bekommt mir auch gut. Und dann kann ich endlich in einem Schloss wohnen.“ (Zur Erläuterung sei angefügt, dass dieses Schloss vor allem durch seine landschaftliche Lage hoch überm Donautal beachtlich ist).

SZ: Gibt es eine wichtige Person für die Entwicklung des Schriftstellers Dürrson?

Dürrson: Hermann Hesse. Ich durfte neun Jahre mit ihm Briefe wechseln und ihn dreimal besuchen. Er gab mir wichtige Hinweise für die Tätigkeit als Schriftsteller.

► Ansicht

Der Marchtaler Pater Sebastian Sailer ließ zwar Gottvater als schwäbischen Großbauer (oder: einen schwäbischen Großbauer als Gottvater) auftreten, er war aber, wie sich an anderen Texten aus seiner Feder zeigt, von Grund auf obrigkeitlich gesinnt und Gegner der Aufklärung.

Der Autor Werner Dürrson, der Sailer-Tage-Veranstalter Wolfgang Schukraft aus Ulm und Mit-Leser Walter Frei aus Ehingen erhoffen sich von der Erinnerung an C. F. D. Schubart in Form einer öffentlichen Lesung, dass die Sailer-Tage ein wenig politischer werden und weniger 18.-Jahrhundert-Kloster-Romantik-verliebt. Leicht ist die Verwirklichung einer solchen Absicht nicht, schließlich wird Dürrsons „Moritat“ im Repräsentationsraum des einstigen Klosters, dem feudalen Spiegelsaal, vorgetragen. Und das Publikum wird ein bildungsbürgerliches sein. Wer interessiert sich sonst schon für einen Schriftsteller des 18. Jahrhunderts? Mit diesem Satz soll nichts gegen das Bildungsbürgertum gesagt sein, auch der Verfasser dieser Zeilen zählt dazu, Aber übermäßig viele sind das nicht.

01.08.2001 | 1,44 Meter langer Wels aus der Donau gezogen

GRIESINGEN / EHINGEN (vf) Andreas Pasini aus Griesingen hat am Mittwoch um 21.30 Uhr aus der Donau bei Ehingen einen 1,44 Meter langen und 38 Pfund schweren Wels (oder auch: Waller) gezogen. – Der größte Wels weltweit, der dieses Jahr geangelt wurde, maß gut zwei Meter; dafür musste man aber bis nach Kasachstan reisen, wie Pasini einem Fischer-Fachblatt entnahm.

Für Pasini, einen leidenschaftlichen Fischer, war das am Mittwochabend sein bisher größter Fang und vermutlich auch einer der größten Welse, die bisher im Raum Ehingen aus der Donau gezogen wurden. Pasini ist so stolz auf sein Fischer-Glück, dass er den genauen Fang-Ort nicht benennen will; er befürchtet, es könnten sich andere Welsfang-Fans über eventuell noch verbliebene Vertreter dieser Art hermachen.

Pasini ist im Berufsleben Automateneinrichter bei Lindenmaier in Untersulmetingen. Schon als Jugendlicher stellte er den Fischen nach. Bevor er vor drei Jahren in den Ehinger Fischereiverein eintrat, fischte er mit Tages-, Wochen- oder Monatskarten an einem der Laupheimer Baggerseen (die Zeit-beschränkte Fisch-Erlaubnis dort kann man beim Laupheimer Fischereiverein erwerben; eine Jahreskarte kostet 200 Mark).

Dem Ehinger Fischereiverein stellt Pasini den Kopf des Wels zum Präparieren zur Verfügung – wenn der Verein den Kopf annehmen will; schließlich kostet ein Präparier-Vorgang zum Erhalt der Jagd-Trophäe wenigstens fünfhundert Mark. Das aber war dem Fänger zu viel.

Das Fleisch des Welses hat Pasini zu Koteletts geschnitten; es soll verzehrt werden, von der Familie und von Bekannten.

Der größte Wels, den Pasini bisher an die Angel bekam, war 45 Zentimeter lang; er war damit “untermäßig” und wurde wieder in die Donau zurück geworfen.

Der Fangvorgang am Mittwochabend dauerte etwa eine halbe Stunde. Das geschah als “Handlandung”, weil der Fischer keinen Käscher, also kein Netz, verwendete. Zwar müssen Fischer so etwas bei sich haben, um den Fangvorgang abzukürzen und das Tier eher lebend an Land zu holen, um es eventuell wieder zurücksetzen zu können, aber für einen anderthalb Meter langen Wels reichte der Käscher, den Pasini bei sich hatte, nicht.

Fischen auf Welse ist ein unter Fischern beliebtes Vergnügen. In Spanien und Italien kann man gegen (nicht geringe) Bezahlung einige Wochen diese Wassertiere angeln; es gibt eigene Camps dafür. Wer einen Wels an die Angel bekommt, darf ihn aus dem Wasser holen, darf sich damit fotografieren lassen (“Jagdstolz”), aber muss ihn dann wieder ins Wasser lassen, damit ein anderer ebenfalls den Angelerfolg vorweisen – und der Camp-Eigentümer seine Brötchen verdienen  kann. Im Gegensatz zu anderen Fischen, etwa Hechten, lassen sich die Welse durch die Tortur des Gefangenwerdens nicht verdrießen, erneu rasch zuzuschnappen, wenn ihnen ein Köder vor die Nase kommt. Hechte sind lernfähiger: Wenn einer vor denen an der Angel hing und freigelassen wurde, ist es nicht mehr so einfach, den nochmals anzulanden. Vor einigen Jahren waren übrigen: mehrere Mitglieder des Fischereivereins Rottenacker in einem solchen Wels-Fisch-Camp in Italien, und nächstens werden wieder welche dort unten fischen; das “Jagdgehege” gehört einem Fischer aus Oberschwaben.